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der Entgegnung den Gehorsam der Städte; aber die Unordnung
der Ceremonien wachse täglich; beim Wormser Edikt zu be-
harren sei unmöglich, ein Coneil nicht wahrscheinlich, da der
Papst gerüstet gegen den Kaiser stehe und die Datierung zur
Zeit der Eintracht mit demselben stattgefunden habe. Man
ampfahl, den Kaiser durch eine Gesandschaft oder einen Brief
aufzuklären und um Abhaltung eines Nationalconciles, wie es
1524 zum Schaden des Reiches verhindert sei, zu bitten.
In der Beschwerdeschrift beklagten sich die Städte über
das Unwesen der Bettelmönche, die den Armen alles vor dem
Maule wegfrässen und über die unbillige Befreiung derselben
von den öffentlichen Lasten. Man riet, den Eintritt in die Orden
zu verbieten und die Insassen aussterben zu lassen. Die Pfarrer
sollten von der Obrigkeit eingesetzt und besoldet, zu den bürger-
lichen Lasten herangezogen, und dem weltlichen Gericht unter-
worfen werden, die Ehe sollte ihnen gestattet sein; die Ab-
schaffung überflüssiger Feiertage und Fasten dem Ermessen der
Obrigkeit anheim gegeben werden.
Der Vorschlag der Gesandtschaft fand auch bei den Katho-
liken allgemeine Billigung, weil hierdurch die Gefahr der Reform-
beschlüsse vorläufig beseitigt wurde. Es wurde für die Türken-
angelegenheit ein besonderer Ausschuss gebildet, um die
Gesandtschaftsverhandlungen nicht zu unterbrechen. Man ver-
handelte über eine Instruktion der Gesandten. Die Katholiken
wollten die Bitte um Suspension des Ediktes in dieselbe nicht
aufnehmen; die geistlichen Fürsten schlugen den Evangelischen
deshalb eine besondere Gesandtschaft vor, womit allerdings der
ursprüngliche Zweck, das einheitliche Vorgehen des Reichstages,
aufgegeben wäre. Denselben Gedanken regte der Rat von
Nürnberg an, nach dessen Ansicht die Evangelischen am kaiser-
lichen Hofe systematisch verläumdet wurden. Auf Anregung
einiger Personen am Hofe, die durch Kaden nach Nürnberg
berichtet war, wünschte der Rat im Juli als Vertreter der
städtischen Interessen einen gemeinsamen Sollicitator am Hofe
zu halten und liess darüber mit dem Städtegesandten zu Speier,
allerdings ohne Ergebnis, verhandeln ?). Die nunmehr geplante
Ständegesandtschaft wäre ganz nach dem Wunsche des Rates
gewesen, der vermeinte, der Kaiser werde durch genügende
Aufklärung ganz umgestimmt und die religiöse Spaltung durch
ein Nationalconcil beseitigt werden. Deshalb wies er wiederholt
seine Gesandten auf die Wichtigkeit der Personenfrage bei
dieser Gesandtschaft hin; die evangelischen Mitglieder müssten
auf die Praktiken der übrigen achten und bei Hofe nötigenfalls
)
19. Juli, an die Gesandten, Bb. 105.