Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1920/21. (1. April 1920 bis 31. März 1921) (1920/21,1 (1921))

Soziale Fürsorge 
frage meist überstieg. Es kamen infolgedessen erträgliche, wenn auch noch nicht niedrige Preise 
in Betracht. Die Haltbarkeit des Obstes litt unter der auftretenden Kernfäule. Auch Pilze 
und Beeren kamen bei sehr guter Ernte in reichen Massen auf den MWarkt. 
Die Anlieferung von Kartoffeln war schlecht. Es konnte nur wenig und das 
Wenige nur in bestimmten Zeitabständen an die Bevölkerung hinausgegeben werden. Wenn 
trotzdem keine Not eintrat, so ist es darauf zurückzuführen, daß die Bevölkerung Nürnbergs in 
weitgehendem Maße sich mittels des Bezugscheinverfahrens selbst eingedeckt hatte. 
Von Mitte September an wurde die Zwangs w ürtschaft für Kartoffeln au f- 
gehoben. Die Kartoffelhändler bedurften noch einer besonderen Erlaubnis zum Handel durch 
die Landeskartoffelstelle. Der Versand der Kartoffeln konnte nur mit Genehmigung der Landes— 
kartoffelstelle betätigt werden. Die Genehmigung wurde durch Abstempelung der einge— 
sandten Frachtbriefe erteilt. 
Die Eierversorgung unterschied sich von der des Vorjahres nicht wesentlich. 
Die hohen Preise, welche von den Nachbarstaaten an Erzeuger gezahlt wurden, hatten zur Folge, 
daß auch in Bayern die Preise erhöht werden mußten, um eine bessere Anlieferung zu erreichen. 
Der Erzeugerpreis stieg von 10 auf 60 D, der Verbraucherpreis von 22 auf 78 5. Ab 15. Ok— 
tober 1920 bestand die Zwangswirtschaft nicht mehr. Die vom Kommunalverband eingekalkten 
Mengen wurden weiter an die Bezugsberechtigten hinausgegeben. Der freie Handel brachte 
große Mengen auf den Markt. Die Preise stiegen anfangs sehr rasch bis auf 1,80 M und mehr, 
um dann später auf 95 B und 90 5 zurückzugehen. Inzwischen hat sich wieder ein Anziehen 
der Preise geltend gemacht. 
Die Fettversorgundg hatte in der ersten Zeit des Berichtsjahres eine Besserung 
gebracht. Die verheerende Wirkung der Maul- und Klauenseuche und der Widerstand der Er— 
zeuger gegen die Zwangswirtschaft verminderten dann aber die Zufuhren an Butter und Butter— 
schmalz. Die Reichsstelle für Speisefette hatte Vorsorge getroffen, daß dieser Ausfall durch 
eine ausgiebige Erzeugung von Margarine und durch eine größere Einfuhr von Speisefetten 
(Schweinefett und Kokosfett) ausgeglichen wurde. Vom 1. August 1920 an wurde die öffent— 
liche Bewirtschaftung der Speisefette, aussenommen Butter und Butterschmalz, außer Kraft 
gesetzt. Dadurch schnellten die Preise stark in die Höhe, bis im Herbst ein beträchtlicher Preis⸗ 
sturz einsetzte, der in einer vermehrten Zufuhr seinen Grund hatte. 
UÜber die Käseversorgundg ist besonderes nicht zu berichten. Auch hier mußten, 
den erhöhten Milchpreisen entsprechend, höhere Verkaufspreise festgesetzt werden. In einigen 
Wochen des Zahres fiel die Käseverteilung mangels hinreichender Zufuhren aus. Die Schwer⸗ 
und Schwerstarbeiter wurden wie bisher mit Käse beliefert. Die Nachfrage wurde geringer. 
Eine reichlichere Anlieferung von 8u cher fand auch in diesem Jahre nicht statt. Es 
mußte im Gegenteil in den Monaten Juli bis November auf Anweisung der Reichs- und Landes⸗ 
behörden eine Kürzung der Zuckerration stattfinden. Der Kommunalverband Nürnberg⸗Stadt 
war jedoch in der Lage, aus seinen Reserven größere Mengen zuzuschießen, so daß die Kürzung 
für die Nürnberger Bevölkerung nicht in dem Maße fühlbar wurde wie anderwärts. 
Die Preise für Hülsenfrüchte und Teigwaren schnellten bedeutend in 
die Höhe. Mit ihrer Freigabe sanken die Preise rasch und anhaltend. Reis kam. nach der 
Freigabe in großen Mengen auf den Markt, was eine rasche Senkung des Preises zur Folge hatte. 
Vielfach erlitt hier der Handel bedeutende Verluste. Seife, Petroleum und Brenn— 
spiritus sind ebenfalls freigegeben worden. Die Preise, ausgenommen Seife, sind be— 
trächtlich in die Höhe gegangen. 
Die Kohlenversorgung zeigte ein wesentlich anderes Bild wie im Vorjahre. 
Das Abkommen von Spaa wirkte zwar ungünstig ein, weniger jedoch was die Menge anlangt, 
als hauptsächlich was die Beschaffenheit betrifft. An Stelle der in Nürnberg begehrten
	        
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