Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1920/21. (1. April 1920 bis 31. März 1921) (1920/21,1 (1921))

Soziale Fürsorge 
ausgestaltet, der dem Amt Gelegenheit gibt, die größtmöglichste Zahl von Armen zu beschäftigen. 
Diese Betriebsweise war notwendig, wenn das Amt einerseits seinen Verpflichtungen dem 
Wohlfahrtsamt gegenüber, jede Anzahl überwiesener Armer zu beschäftigen. nachkommen 
und andererseits eine Wirtschaftlichkeit erreichen wollte. 
Die Zahl der vom Amt täglich beschäftigten Ar mens chwankte im Betriebsjahr zwischen 
36 und 68. Sie wurden dabei ausschließlich vom Betrieb entlohnt. Der Lohn bestand in freier 
Verpflegung aus der Betriebsküche, zum Teil auch freier Wohnung im Betrieb, und einem 
Prämiensatz von 2,80 A täglich, der gegen Ende des Betriebsjahres auf 3.4 erhöht wurde. 
Die Armen sind von der gesetzlichen Kranken— und Invalidenversicherungspflicht befreit. Für 
allenfallsige ärztliche Hilfe muß die Armenpflege sorgen. Durch diese Beschäftigung im genannten 
Betrieb ersparte somit die Stadt den gesamten Aufwand, der ihr nach dem Gesetz durch die Unter— 
tützung der Armen entsteht (Notbedarfssatz pro Person und Monat 150 4). Außer diesen Armen 
purden im Betrieb seit Januar 1020 täglich durchschnittlich 2M er werbs beschränkte 
Erwerbslose verwendet. Sie werden von der Erwerbslosenfürsorge zugewiesen und er— 
halten neben der ihnen zustehenden Erwerbslosenunterstützung freie Verpflegung wie die Armen 
ind eine Arbeitsprämie bis zu 34. Die Unterstützung wurde vom Betrieb vorgeschossen und 
»on der Erwerbslosenfürsorge ersetzt. Den Armen und Erwerbsbeschränkten wurden, soweit sie 
m Gehen stark behindert waren, die Kosten der Straßenbahnfahrt zwischen Wohnung und Arbeits- 
tätte vom Betrieb bezahlt. 
In diesen beiden Fällen handelt es sich also um eine produktive Erwerbslosen- und 
Armenfürsorge im wahrsten Sinné des Wortes, denn sie erspart der Stadt einen großen Teil 
der sonst notwendigen Unterstützungen. Arbeitswillige, welche infolge mißlicher Lage gezwungen 
gewesen wären, Armenhilfe in Anspruch zu nehmen, erhielten anstelle der manchmal 
recht beschämenden Anterstützung Arbeit; ganz oder teilweise brachliegende Arbeitskräfte wurden 
zum Autzen der allgemeinen Volkswirtschaft herangezogen, so daß auf diese Weise eine glückliche 
Lösung des sozialen Problems der produktiven Arnmen- und Erwerbsbeschränktenbeschäftigung 
erreicht wurde. 
Bollarbeiter fanden in diesem Betrieb nur insoweit Beschäftigung, als sie zu 
den schwereren und Spezialarbeiten benötigt wurden, die von den Armen oder Erwerbsbe— 
schränkten nicht ausgeführt werden konnten. Diese Arbeiter wurden nach freier Vereinbarung 
auf Grund des landwirtschaftlichen Tarifvertrages für Mittelfranken entlohnt, dessen Sätze 
allerdings weit überschritten wurden und nahezu die des städtischen Tarifs erreichten. Außerdem 
wurden je nach der Dringlichkeit der Arbeit, insbesondere während der Saat— und Erntezeit, 
aushilfsweise sogenannte Stundenarbeiter und -Arbeiterinnen zugezogen. Sie erhielten pro 
Stunde 1,50 bis 2 M. 
SInfolge der intensiven Wirtschaftsweise im Feldbau Schniegling und seiner Eigenartig- 
keit als Felbdgemüsebaubetrieb meldeten sich beim Amt zahlreiche junge angehende Landwirte — 
teilweise nach abgeschlossener theoretischer Ausbildung — zur Aufnahme als Praktikanten. 
Das Angebot überstieg dabei erheblich die Zahl, für die der Betrieb Verwendung hatte, so daß 
biele Gesuche keine Berücksichtigung finden konnten. Seit Gründung des L. W.A. wurden 22 
Praktikanten im Betrieb beschäftigt. Von Zeit zu Zeit fand ein Wechsel in der Beschäftigung 
der Praktikanten statt. Die Verwendung einer so großen Zahl von Praktikanten im Verhältnis 
zur Anbaufläche war nur deshalb möglich, weil die Betriebe fast ausschließlich ungelernte und 
zum Teil auch arbeitsbeschränkte Personen beschäftigen mußten, die dauernder Beaufsichtigung 
bedurften. 
SDie Betriebs- und Wirtischaftsweise wurde noch sehr von den Nach— 
wirkungen des Krieges beeinflußt. Die große Nachfrage nach frischem Gemüse und die hohen 
Preise für dasselbe auf dem Nürnberger Markt bildeten einen weiteren Grund zu einer gewaltigen
	        
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