Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1920/21. (1. April 1920 bis 31. März 1921) (1920/21,1 (1921))

Soziale Fürsorge 
Die Mitbenützung der Abortanlage, des Ausgusses und der Wasserleitung ist in jedem Falle nach näherer 
Regelung durch die Ortspolizeibehörde zu gestatten.“ 
Im Anschluß an diese Bestimmung hat sich in Nürnberg folgende Praxis beim Wohnungs⸗ 
amt herausgebildet: 1. Zwei Schlafzimmer für ein Ehepaar werden nur in solchen Fällen ge— 
nehmigt, wo einwandfrei nachgewiesen werden kann, daß die gemeinsame Benützung eines 
Schlafzimmers nicht zugemutet werden kann. 2. Außer dem Familienwohnzimmer wird ein 
Arbeitszimmer für den Familienvater nur in solchen Fällen gestattet, wo feststeht, daß mit Rück⸗ 
icht auf die beruflichen und Familienverhältnisse ein solcher Raum erforderlich ist. 3. Wenn 
Dienstbotenräume unbenützt sind, so wird unterschieden, ob der Zustand nur vorübergehend 
ist oder ob der Haushalt schon seit einiger Zeit keine Dienstboten beschäftigt. In letzterem Fall 
wird der Raum beschlagnahmt. 4. Badezimmer werden in der Regel für Wohnzwecke nicht 
mehr beschlagnahmt, es sei denn, daß der betreffende Raum das erforderliche Maß wesentlich 
uberschreitet und die Unterbringung der Baͤdegelegenheit in anderer Weise sich ermöglichen 
läßt. 5. Eignet sich eine Wohnung technisch besonders zur Rationierung und befinden sich in der 
Wohnung einzelne Untermieter, die nicht zur Familie gehören, und denen auch die Wohnung 
oom Wohnungsamt nicht förmlich zugewiesen worden ist, so kann, wenn die Untermieter ein 
Zindernis für die Gewinnung einer Wohnung durch Rationierung bilden, deren Kündigung 
⸗erlangt werden. Die gesetzliche Handhabe ist gegeben sowohl dadurch, daß der Antermieter 
»hne Wohnungszuweisung wohnt (8 18 der Wohnungsmangelbekanntmachung) und dadurch, 
daß die Wohnung nach Maßgabe der Zahl der Haushalts-, d. h. Familienangehörigen, einge— 
chränkt werden kann (8S O Absatz 2 der Wohnungsmangelbekanntmachung). 
Was die Berwertung der durch Rationierung gewonnenen 
Räume anlangt, so wird folgendermaßen verfahren: 1. Bei Gewinnung von einem 
eeren oder möblierten Zimmer wird nach einiger Zeit kontrolliert, ob der Raum dann auch 
wirklich vermietet und belegt ist. Ist das nicht der Fall, so wird ein Mieter zugewiesen, auf dessen 
Aufnahme bestanden wird. Da neuerdings die Wohnungsnot sich verschärft hat, wurde vom 
Wohnungsausschuß des Stadtrats bestimmt, daß bei Erfassung von 2 Räumen diese zuerst der 
Vergebungsabteilung gemeldet werden zur evtl. Zuweisung von Wohnungssuchenden. Erst 
wenn diese Abteilung keinen Bedarf hat, erfolgt Weiterleitung an den Wohnungsanzeiger zur 
Aufnahme und Weiterbehandlung wie oben angegeben. 2. Bei Gewinnung von 2 leeren oder 
möblierten Zimmern wird nicht mehr wie früher verfügt „zur Unterbringung eines geistigen 
Arbeiters“, sondern es wird bestimmt „zur Unterbringung von 2 Personen“. Nur wo besondere 
Verhältnisse vorliegen, wird die Bermietung von 2 Räumen an eine Person gestattet. 
3. Können 3 oder mehrere Räume von einer Wohnung beschlagnahmt werden, so wird in einem 
Raum eine Kochgelegenheit geschaffen. Es können auch bauliche Maßnahmen getroffen werden, 
die das Zusammenleben zweier Familien in einer Wohnung nach Möglichkeit erleichtern. Für 
jede rationierte Wohnung wird auch auf Antrag ein entsprechender Keller- und Bodenanteil 
abgéteilt. 4. Bei der Rationierung wird ein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, le ere Räume 
zu gewinnen, da erfahrungsgemäß für solche ein noch dringenderes Bedürfnis besteht wie für 
möblierte Räume. Die Wohnungsmangelbekanntmachung fordert die Unterbringung der 
Möbel in der gleichen Wohnung. Es geht durch diese Forderung in der Regel ein Zimmer ver— 
loren. Es würde deshalb eine wesentliche Erleichterung für die Gewinnung von Teilwohnungen 
und leeren Räumen bedeuten, wenn es gestattet wäre, die Unterbringung der Möbel in ander— 
weitigen geeigneten Räumen zu verlangen. Diesbezügliche Bestimmungen werden vom Stadt- 
rat beim Sozialministerium angestrebt. 
Das eigentliche Beschlagnahmeverfahren ist der Beschlagnahmeabteilung übertragen, 
die Rationierungsabteilung befaßt sich lediglich mit der Begut ach tung der Beschlag— 
nahmemöglichkeit. Für diese Tätigkeit wurden im Laufe des Berichtsiahres 7 Hoch⸗
	        
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