Full text: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg des Jahres 1919 (1919,1 (1920))

1. Denkwürdige Begebenheiten im allgemeinen. 
7. Januar. Arbeitslosen-ODemonstration. Vach einer Bersammlung 
unter freiem Himmel auf dem Albrecht-Oürer-Platz zogen vormittags 511 Uhr zahlreiche Arbeits- 
lose zum abgesperrten Rathaus, um gegen die unzulängliche Unterstützung der Erwerbslosen zu 
protestieren. Eine Abordnung erreichte die Zulassung zu den Ausschußberatungen, worauf am 
folgenden Tage die städtischen Kollegien in gemeinsamer Sitzung die Anterstützungssätze erhöhten. 
Mehrere Demonstranten hatten am gleichen Tage die „Fränkische Tagespost“ besetzt. 
12. Januar. Wahl zum neuen Bayerischen Landtag. 
19. Januar. Wahlen zur verfassunggebenden Deutschen Vational— 
pversammlung. 
20., 23., 2585. Januar. Rückkehr des J1. Chevaulegers-Regiments aus 
der Ukraine. ODer Einzug fand unter starker Beteiligung der Bevölkerung statt. Die 
Häuser trugen Flaggenschmuck. Die Stadtverwaltung begrüßte in einer Willkommenansprache 
die zurückgekehrten Krieger, für die am 27. Fanuar ein offizieller Empfangsabend ver— 
anstaltet wurde, auf dem Oberbürgermeister Dr. Geßler die Angehörigen des Regiments 
durch eine Ansprache auszeichnete. 
15. bis 18. Februar. Straßenkundgebungen in Nürnberg. Im Anschluß 
an Protestversammlungen gegen die Schaffung eines bayerischen Volksheimatschutzes 
(sogen. „Meiße Garde“) kam es in Nürnberg zu schweren Tumulten. Es wurden neben mehreren 
Zeitungsgebäuden das Generalkommando, der Bahnhof, das Post- und Telegraphengebäude 
in der Karolinenstraße und andere wichtige Verkehrspunkte in der Stadt durch Unabhängige und 
Spartakisten besetzt. Bei dem Sturm auf das Generalkommando verloren von der Besatzung 
leider 3 Matrosen ihr Leben. Nach Verhandlungen der Mehrheitssozialisten mit den Führern 
der Gegenrevolutionsbewegung wurden dann bis Dienstag, den 18. Februar, die besetzten Gebäude 
wieder geräumt. Das Generalkommando wurde nach der Entsetzung zum Schutze mit Teilen 
des 8. Feld-Art. Regts. belegt. Bei den Unruhen kam es u. a. auch zur Entwaffnung von Schutz— 
leuten, zur Besetzung von Polizeiwachen und zur Beraubung verschiedener Waffen- und Be— 
kleidungsdepots. 
22. Februar. Trauerkundgebung für den verstorbenen Minister— 
präsidenten Eisner. 
11. März. Siedlungswerk bei Nürnberg. Die vom Arbeiter- und Soldaten— 
rat Nürnberg eingesetzte Siedlungskommission nahm ihre Arbeiten am 11. März 1919 
auf. Zur Gewinnung von Siedlungsland wurde am 15. März 1919 an zwei Stellen im Reichs— 
walde mit den Abholzungsarbeiten begonnen. Unmittelbar am Rande des Weichbildes von Nürn— 
berg, beim Dorfe Ziegelstein, soll eine große Wohnstättensiedlung, eine neuzeitliche 
Gartenstadt mit rund 1000 Wohnstätten, jede mit ungefähr 500 qm Gartenland, entstehen. 
Weiter draußen, an der Bahn nach Heroldsberg im Walddistrikt Buchenbühl, beim Paulus⸗ 
stein, soll eine zweite Wohnstättensiedlung für etwa 400 Familien geschaffen werden. Hier soll 
das jeder Familie zur Berfügung stehende Nutzland noch wesentlich größer sein und etwa ein 
Tagwerk umfassen. Bis zum Schlusse des Jahres 1919 konnten gegen 100 Häuser im Rohbau 
fertiggestellt werden. 
J. Denkwürdige Vorfälle.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.