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dauernd erhalten und das söhnte Frau Josephine
selbst mit dem Schulbesuch ihrer Anne aus.
Rösle mußte nun öfter am Haustor um—
wenden. Sie tat es mit geballten Fäusten und
einer tiefen Falte auf der Stirn. Sie hatte heraus—
gefunden, daß man fie fortschickee, wenn die Sena—
Drenkinder erwartet wurden, und ein heißer Haß
stieg in ihrem leidenschaftlichen Herzen auf gegen
die Kinder, die sie verdrängten. Durfte sie aber
hinauf in die Kinderstube, dann war sie doppelt
bedacht, die Rottmannskinder zu unterhalten und
zu amüsieren.
Räuber und Senatoren oder Nonne und
Strauchdieb wurde auf den weiträumigen Böden
gespielt, oder Rösle mimte ihnen allein allerlei
Räubergeschichten vor. Aber nach und nach fanden
die Baben und Anne mehr Freude am Mitspielen
als am Zusehen, und so bildeten die vier bald
eine kleine Schauspielerbande, deren Stücke an Phan⸗
tasie und schaurigen Begebenheiten den Schauer⸗
romanen der Zeit nicht nachstanden.
Dann war Rösle glücklich, ihre Backen glühten
und ihre Augen glänzten, und sie höhnte im stillen
die Senatorenkinder aus, die niemals so mit den
Rottmannschen spielen konnten. Rösle aber trug
in das Kaufmannshaus die ganze geheimnisvolle
schaurige Atmosphäre ihrer Turmwohnung hinüber,
des alien Heidentiurms auf der Burg, in dem noch
immer die Folterwerkzeuge der mittelalterlichen
Rechtspflege der guten alten, freien Reichsstadt
Nürnberg aufbewahrt wurden.
Die Rottmannskinder horchten voll furchtsamer
Neugier auf die Beschreibung Rösles von der
eifernen Wiege, von dem Daumenschraubstock, von