Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1909 (1909 (1911))

Armenpflege 
Einschüchterungsversuche liederlicher Menschen durch leere Drohungen mit Verbrechen oder dergl. dürfen aber die 
zu fassenden Entschließungen nicht beeinflussen. 
Personen, welche zwar arbeitsfähig, aber dem Trunke, Spiele oder Müßiggange ergeben sind, sollen mit 
aller Strenge behandelt werden. Diese sind unverweilt zur strafrechtlichen Einschreitung zu überweisen, eignen 
sich auch in erster Linie zur Einweisung in eine Anstalt mit Arbeitszwang. 
8 18. 
Alle Personen, bei welchen die dargelegten Voraussetzungen zutreffen, können Anspruch auf Armenunter— 
stützung erheben. Die Hilfe darf ihnen also ohne Grund nicht verweigert werden. 
Indessen ist der Anspruch auf das Unentbehrliche beschränkt. Daraus folgt, daß weder die bisherige, 
dielleicht bessere Lebensführung, noch irgendwelche Sonderwünsche oder Liebhabereien, noch auch sogen. Standes— 
rücksichten bei der Bemessung der Armenhilfe maßgebend sein dürfen, vielmehr nur das dringendste Lebensbedürfnis 
entscheiden kann. Die Rücksicht auf die Gemeindeangehörigen, welche regelmäßig unter Besteuerung zur Deckung 
der Armenlasten herangezogen werden, läßt keinen anderen Maßstab zu als die Lebenshaltung der ärmsten Klassen, 
welche sich noch durch eigene Arbeit oder auch mit fremder Hilfe notdürftig erhalten können. 
Wenn nach diesen Rücksichten die Unterstützungen entsprechend angewiesen und abgegeben sind, besteht kein 
Recht auf irgend welche Nachleistung, und, wie überhaupt, keine Verpflichtung der Armenpflege, Schuldem zu 
hezahlen. Die Armen sind daher zu ermahnen, mit den erhaltenen Mitteln aufs äußerste sparsam zu wirtschaften. 
da sie bei vorzeitigem Verbrauche keine Aussicht auf Zuschüsse haben. 
Es gehört mit zu den wichtigsten Aufgaben der Pfleger und Helferinnen, auf solche geregelte Wirtschafts— 
führung zu achten, den Armen mit gutem Rat über richtige Einteilung der Ausgaben, richtiges und vorteilhaftes 
Einkaufen usw. zu dienen. 
316 
819. 
Die Gewährung von Armenhilfe ist auch davon abhängig, daß nicht anderweit verpflichtete vorhunden sind 
welche ihren Pflichten nachzukommen fähig und bereit sind. Es ist daher in dieser Richtung sofort Aufklürung 
zu schaffen, und es sind die Verhältnisse der genau zu erhebenden Nährpflichtigen eingehend Iu erforschen. Sind 
leistungsfähige Angehörige vorhanden, so ist an diese zu verweisen. In den sehr häufigen Fällen, daß die Hilfe 
wegen bestehender Zerwürfnisse oder wegen früherer Leistungen oder wegen ungeeigneten Debenswandels der 
Bedürftigen verweigert wird, wird sich der Versuch einer gütlichen Vermittelung empfehlen. Die leistungsfähigen 
Pflichtigen können dabei daran erinnert werden, daß der notdürftige Unterhalt auf keinen Fall versagt werden 
kann (8—1611 B. G. B.). 
Herrscht augenblicklich Not und ist von Nährpflichtigen nicht sofort Hilfe zu erlangen, so kann —2 
gehend Armenunterstützung angewiesen werden. Hierbei ist aber voller Vorbehalt auf Ersatz zu machen und für 
sofortige Verständigung der Nährpflichtigen durch die Armenverwaltung zu sorgen. 
Gegen pflichtvergessene Nährpflichtige ist mit rücksichtsloser Strenge vorzugehen. 
Unterhaltungspflichtig sind 88 1601 und 1608 B. G.B.) Eltern, Großeltern und Urgroßeltern gegenüber 
ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln, sowie letztere gegenüber den ersteren, sodann Ehegatten untereinander, und 
zwar die Ehegatten unter sich regelmäßig vor ihren Verwandten. 
Die Unterhaltspflicht besteht in der Regel nur insoweit, als die Verpflichteten zu ihrer Erfüllung ohne 
Gefährdung ihres eigenen standesgemäßen Unterhalts imstande sind. Eltern sind schuldig, alle verfügbaren 
Mittel zum Lebensunterhalt ihrer minderjährigen unverheirateten Kinder herzugeben. Das Maß des Unterhalts 
bestimmt sich innerhalb dieser Grenzen nach der Lebensstellung des Bedürftigen und erstreckt sich also auf den 
sogen. standesmäßigen Unterhalt, d. i. den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für Erziehung und 
Vorbildung für einen Beruf. Unter die Unterhaltungspflicht fallen auch die Kosten einer Beerdiaung, soweit 
deren Bezahlung nicht vom Erben zu erlangen ist. 
Wer durch sittliches Verschulden dürftig geworden ist, kann nur den notdürftigen Unterhalt verlangen. 
Regelmäßig wird das Interesse der Armenpflege nur auf diesen gerichtet sein. 
Außereheliche Kinder haben das Recht auf vollen Unterhalt gegen ihre Mutter. und zwar unbeschränkt 
soweit diese leistungsfähig ist, dann gegen ihren Erzeuger, und zwar bis zum vollendeten 16. Lebensjahre in dem 
Maße, welches dem Stande der Mutter entspricht. Ist das Kind körperlich oder geistig gebrechlich, so dauert 
die Unterhaltspflicht des Erzeugers unter Vorbehalt seiner Leistungsfähigkeit fort. 
Die Mutter eines außerehelichen Kindes hat Anspruch auf Erstattung der Niederkunfts-, Tauf- oder 
Wochenbettkosten. Das Gericht kann auf Antrag anordnen, daß die Kosten schon vor der Entbindung hinterlegt werden. 
Es ist besondere Pflicht der Armenpflege, die Armen in der Verfolaung dieser und der noch zu erörternden 
weiteren Ansprüche kräftigst zu unterstützen. 
8 21. 
Als solche weiteren Ansprüche kommen in Betracht: se solderlche 
Das Recht der Dienstboten, im Falle der Erkrankung, auf die Dauer von sechs Wochen die erfor 
Verpflegung und ärztliche Behandlung vom Dienstgeber zu verlangen
	        
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