Contents: 1834-1884 (2. Band)

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Feuerbachs Wandelbarkeit. 
iber gerade so fließend, wie sein Gang elegant. „Seine Sprache 
varen meistens Thränen, Schmerzenslaute, unverständliche Töne,“ 
»der auch ein „Wimmern“. Der elfjährige Julius Hiltel machte sich 
'm Turm „das seiner Eitelkeit nicht wenig schmeichelnde Geschäft, 
diesem jungen rüstigen Burschen, dem schon der Anfang eines Bartes 
um das Kinn sproßte — das Sprechen zu lehren ... Frei⸗ 
lich aber waren seine (Kaspars) Sprechversuche geraume Zeit ein so 
lückenhaftes, dürftiges, kindisch unbehülfliches Wortgehäcksel, daß man 
selten bestimmt wissen konnte, was er mit seiner durcheinander ge— 
worfenen Rede ausdrücken wollte; immer blieb dem Hörenden vieles 
zu erraten und durch Vermutungen zu ergänzen () übrig.“ Ja, noch 
am 11. Juli 1828, als Feuerbach nach dem Luginsland wallte, 
sehlten in allem, was er sprach, meistens noch die Bindewörter, Par⸗ 
likeln und Hülfszeitwörter; am schlimmsten stand es mit der Syntax, 
deren Teile gar erbärmlich zerzaust und durcheinander geworfen wur— 
den. Kaspar sehr brav, Kaspar scho Juli sage, war seine 
durchgängige Redeweise. Auch zu ihm mußte man nicht Du, sondern 
Kaspar sagen, wenn er sogleich verstehen sollte, wen man meinte. 
Das Wort Berg galt ihm für jede Wölbung oder Erhöhung, wes— 
halb er einen korpulenten Herrn als den „Mann mit dem großen 
Berg“ (S— Bauch) bezeichnete. „Man wird wohl erwarten, daß 
ich (Feuerbach) nicht unterließ, ihm durch mancherlei Fragen zur Er— 
zählung seines Schicksals Veranlassung zu geben. Allein alles, was 
ich aus ihm herausbringen konnte, war ein so kauderwelsches, ver— 
worrenes, unbestimmtes Zeug, daß ich — das meiste nur erraten, 
bieles gar nicht verstehen konnte.“ Das war noch am 11. Juli, 
wo bleibt da Binders schon am 7. Juli veröffentlichter Schauer— 
roman? Und am 26. Mai hätte Kaspar also noch gar nicht ge— 
sprochen? Das ginge freilich wohl besser, aber es geht nicht! Die 
derwünschte Bekanntmachung gestand ihm noch ein halbes Hun— 
dert Wörter zu, also umfaßte Kaspars Wörterbuch bei Feuerbach 
kaum () ein halbes Dutzend Worte“! Zu Merk sagt er noch: 
„ä sechene möchte ih wähn, wie mei Vottä wähn is“ oder „Reutä 
wähn, wie mei Vottä wähn is“, und „woas nit.“ Beides historisch: 
er sprach sein Anliegen aus, und ließ sich nicht aushorchen. Das
	        
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