Volltext: Hans Sachs

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Wiedergabe und Umgeftaltung des Stoffes und der Anfügung des 
{ehrhaften Schluffes, der bei Feinem diefer Gedichte fehlen durfte, 
5n einem weiteren Rahmen find die Schwankgedichte 
des Hans Sachs zu behandeln. Gerade in feinen Schwänken 
jteht er mitten im £eben des Dolks, aus deffen unverfieglichem 
Born er mit Liebe Ichöpft: ein fcharfer Beobachter, defjen 
Haren Augen Fein Zug entgeht; ein humorvoller Erzähler, 
von deffen fchalfhaften Lippen die Gefchichten von den ANarre- 
teien der Welt mit Anmut fließen, der aber auch den überaus 
derben Ton zu treffen verfticht, der dem Sefchmak jener 
rauheren Zeit behagte; ein eindringlicher Erzieher endlich, der 
aus all den Schwänfen nnd Poffen feine Lehren zu ziehen 
weiß. So liebte man es damals, und wir zartbefaiteten und 
äfthetifch oft fo empfindlichen Nachfömmlinge vom Ende des 
neunzehnten Jahrhunderts haben Fein Recht, ihn wegen feiner 
oft derberen Tonart als roh zu {jchelten oder wegen feiner 
Yuganwendungen als Ichrfüchtigen und langweiligen AMoraliften 
zu verfchreien. „Die Moral der BGefchichte“ war eben der 
Punkt, auf den jeder Schwank und jede Fabel abzielte und 
üich zufpigte, 
„SGreift nur hinein in’s volle Menfchenleben, 
Ein jeder lebt's, nicht vielen ift’s bekannt, 
Und wo ihr's packt, da ift’s intereffant.” 
Diefes prächtige Dichterwort paßt in vorzüglicher Weije 
auf den Schwankdichter Hans Sachs. In unabfehbarer bunter 
Reihe ziehen die naturwahren Bilder an uns vorüber, wie 
er fie dem immer wechfelnden Leben entnommen, mit ficherer 
Hand entworfen, oft in epifcher Breite und ftets frifch und 
lebendig. Ganze Stände und Klaffen fchildert er ebenfo ficher 
und natürlich, wie einzelne Perfonen und Dorkommnifje. Den 
ungebändigten Trieb nach unmöglichem Glück, die ungezügelte 
Begier nach Nichtsthun und finnlichem Genuß veranfchaulicht 
er auf das ergößlichfte in feinem Schlaraffenland. 
Wer Sinn und Wig gebrauchen wollt, 
Dem wurd kein Menfdh im Lande Hold, 
Und wer gern arbeit mit der Band, 
Dem verbeut mans Schlauraffenland. 
Wer Zucht und Ehrbarkeit hHätt’ lieb, 
Denfelben man des Lands vertrieb.
	        
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