Volltext: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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Preisen von ungeahnter Schönheit zu erzeugen, unter welchen das Ultra- 
marin von besonderer Bedeutung ist, weil das natürliche Ultramarin so 
teuer war, dass man 1825 das Pfund noch mit so viel Thalern bezahlte 
als jetzt mit Pfennigen. Das Verfahren zur Erzeugung künstlichen Ultra- 
marins ist von Guimel in Frankreich (1826) und unabhängig hiervon (1828) 
von Gmelin in Tübingen angegeben, aber erst von Leykauf in Nürnberg 
‘1837) soweit vervollkommnet, dass dieser als Begründer der Ultramarin- 
Fabrikation angesehen werden muss, welche nunmehr eine ausserordentliche 
Ausdehnung angenommen hat. Weiter wurde in Bayern (1814) das berühmte 
Schweinfurter Grün von Sattler in Schweinfurt entdeckt. 
Eine ungeheuere Umwälzung aber erfuhr die Gesamtfärberei und 
somit auch die Baumwoll-Färberei und Druckerei durch die Entdeckung 
Jer Teerfarben, ein grossartiges Ergebnis der synthetischen Chemie. 
Im Jahre 1856 brachte der Engländer Perkin zuerst einen violetten 
Farbstoff unter dem Namen Mauvein auf den Markt, den er aus dem bis 
dahin fast wertlosen Nebenprodukt der Gasfabrikation dem Steinkohlenteer 
erzeugt hatte und zwar aus einem anfangs Kyanol genannten später (1843) 
mit dem Namen Anilin belegten Stoff, der 1837 von Runge in Berlin aus 
dem Teer ausgeschieden war und identisch befunden wurde mit dem (1826) 
von Umverdorben in Erfurt aus dem Indigo gewonnenen Krystallin mit 
Jem von Zinin in Kasan und dem aus Nitrobenzol abgeschiedenen Benzgidam. 
Sämtliche Stoffe erhielten den gemeinschaftlichen Namen Anilin von dem 
arabischen Wort an-nil (welches Indigo bedeutet) und bildeten die Grundlage 
der Anilinfarben, deren erste das erwähnte Mauvein War. 
Das Anilin, welches selbst kein Farbstoff, sondern ein farbloses Oel 
ist, das durch oxydierende Mittel erst in Farbstoffe übergeführt wird, 
kommt im Teer fertig gebildet aber in so kleinen Mengen vor, dass die 
Anilinfarben-Industrie erst Boden gewinnen konnte als man fand, dass eine 
ergiebige Gewinnung des Anilins aus dem Nitrobenzol möglich sei, da 
die Grundlage dieser Substanz (das Benzol), in genügender Menge in 
lem Teer vorhanden ist. Durch das Zusammenfallen dieser Entdeck- 
ungen entwickelte sich diese Farben-Industrie von dem Mauvein ab 
ausserordentlich schnell und auch hier ist es wiederum Bayern, welches 
aine hervorragende Rolle spielt durch die Anilin- und Soda-Fabrik in 
Ludwigshafen (Rheinpfalz), welche in Stuttgart, Neuville sur Saöne und 
in Butirki bei Moskau, Filialen besitzt, im Jahre 1865 gegründet wurde 
und jetzt das bedeutendste Etablissement der Teerfarben-Industrie ist, 
indem dasselbe allein in Ludwigshafen über 2100 Arbeiter beschäftigt 
and jährlich 1!/2 Millionen Zentner Steinkohlen nebst 2!/2 Millionen Zentner 
Rohmaterial konsumiert. Eine Menge besonderer Farben sind aus dieser 
Fabrik hervorgegangen, wie die prachtvolle Ausstellung in einem Annex- 
Pavillon zeigte, und unter denen das künstliche Indigo, durch die glänzenden 
Forschungen von Professor Baeyer in München gefunden. namentlich hervor-
	        
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