224 —
eine Stadt so viele Hilfe und Mittel an der Hand, wie Bayern mit seiner
Residenz, wo neben grossartigen und umfassendsten Kunstsammlungen, treff-
liche Schulen mit vorzüglichen Lehrkräften etabliert sind, wo ferner. noch
Fleiss und Ehrgeiz den grössten Teil unserer Arbeitskräfte beseelt, gepaart
mit reichlichen Talenten, kurz, es mangelt weiter nichts, als Verbreitung
des wohlverdienten Rufes und allseitige Unterstützung dieser höchst lei-
stungsfähigen Kunstindustrie.
Auffallend zeigte es die Ausstellung, dass in eigentlichen kourran-
ten und Massenwaren weder in Gold noch in Silber Fabriken in Bayern
existieren und dass somit die billige und Dutzendware sämtlich vom Auslande
bezogen werden muss, was allerdings nicht zu unterschätzen ist. Der Grund
hievon kann nur darin zu finden sein, dass viele derartige bedeutende
Fabriken hinreichend in den Nachbarstaaten, in schwäbisch Gmünd, in
Pforzheim, Hanau, Bremen etc. existieren, und diesen alten bewährten
Etablissements nur mit kolossaler Kapitalsanlage Konkurrenz zu machen
wäre! —-
Somit kann vorerst das Renommee in der bayerischen Gold- und Silber-
industrie nur auf kunstgewerblicher Richtung basieren und erblühen, was
aber bei der gegenwärtigen, nachhaltigen, allgemeinen Geschmacksrichtung
für unsere vaterländische Industrie in dieser Branche sicher von hoher Be-
deutung ist!
Ferner bemerkt Herr Juwelier Carl Thomass in München.
{m allgemeinen Katalog sind im Ganzen 31 Aussteller aufgeführt,
welche in die Gruppe IX Abteilung 1 gehören. — Es ist das ‚eine ver
hältnismässig kleine Anzahl von Ausstellern im Vergleich zu den bestehen-
den Geschäften und Werkstätten in Bayern. Wenn auch manche bekannte,
leistungsfähige Firma dieser Branche auf der Ausstellung überhaupt nicht
vertreten war, so muss doch im grossen Ganzen zugestanden werden, dass
der Bedarf an Gold- und Silberwaren in Bayern zum grössern Teil aus
Fabriken bezogen wird, die wohl in Deutschland, aber ausserhalb Bayern
betrieben werden. Erfreulicherweise sind in neuerer Zeit :einzelne Gold-
und Silberwaren-Fabriken in Bayern entstanden.
Das Bestreben, die uns dort gezeigten „Werke unserer Väter‘ nach-
zuahmen, tritt unverkennbar in der bayer. Landes-Ausstellung 1882 hervor,
und wird mit lobenswertem Verständnis von mehreren Ausstellern zum Aus-
druck gebracht. Wenn also die Früchte der Ausstellung von 1876 in Ver-
edlung von Formen und Geschmack und Nachahmung alter Vorbilder schon
nach verhältnismässig kurzer Zeit sich Bahn gebrochen, so darf dem auch
beigefügt werden, dass bei einzelnen Ausstellern auch ganz selbständige
herrliche Produkte genialer Erfindung und Originalität sich.zeigten, welche
den berühmten Goldschmiede-Arbeiten aus dem 16. Jahrhundert wohl an
die Seite gestellt werden können.
Es ist dies nicht allein den Bestrebungen. und dem Fleisse. der Er-