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A. Allgemeiner Teil. I, Das Verbrechen.
Unbestraft bleibt einer, der gelegentlich eines Streites anderer
einen der Raufenden tötete: „er hat nihtz mit im zeschicken ge-
habt, dann daz er schiedenthalben was zwischen sein und andern
gesellen, daz er sie gerne von einander braht het‘. Zum Fried-
gebot war jeder Bürger berechtigt und verpflichtet und deshalb
bei Ungehorsam der Streitenden für unbeabsichtigte Folgen seines
Eingreifens nicht verantwortlich zu machen.?)
Um noch wenige Beispiele anzuführen, so wurden Schmähungen
gegen den Rat, sofern sie „ungeschickt“ oder „aus unverdachtem
mut‘ ausgestofsen waren, mit Rutenstrafe oder kurzer Verbannung
gesühnt.‘) Ersterer erfreute sich auch der Lochhüter des Öftern
bei fahrlässig verschuldeter Gefangenenbefreiung. 1476 wurde auf
Veranlassung der Münchner ein Brandstifter aus Gnaden enthauptet:
„man dergraif in an einer dieberei und het ein liecht an ein stangen
gesteckt und in ein stuben geleuht zu steln, das dreu zimer wider
seinen willen abprunnen.“ Eine Frau, welche 1556 beim Ausgeben
eines falschen Thalers ertappt wurde, jedoch sich entschuldigte,
dals sie nicht gewulst, dafs er falsch, und auch diejenige nicht
näher kenne, welche ihn ihr gegeben, mulste feierlich angeloben,
„wo Sy die berürt Maid alhie ansichtig würd“, sofort deren Ver-
haftung zu veranlassen. Ein Knecht, welcher (1405) einen Knaben
überfuhr, mufste ein Jahr die Stadt meiden, ebenso ein Gefangener
weil er „einen laden von einem Turm darin er sazz liezz verlorn
werden‘“.>)
Bezüglich der exorbitanten Bestrafung der fahrlässigen Kinds-
tötung — unter einunddreifsig Kindsmörderinnen des 18. Jahr-
hunderts befinden sich vier Verwahrloserinnen — s. den beson-
deren Teil.
Zuweilen trifft man Vorsatz und Fahrlässigkeit bei einem
Delikt vereinigt; 1697 wird ein vorsätzlicher und mutwilliger Fallit
enthauptet.®)
freuelich aufgestozzen warde, doch wenn er vngeidlich wz zefure hat ‘dureh
Reinigungseid), So möcht er wol hinfüir ziehn. AB. 317, 34.
AB. 317, 9
Rtb. VIII, 152; nach PO. v. 1548 heilst es jedoch: darin soll keinen,
ob er weinig druncken oder sunst vngeschicekt were, nichts fürtragen: s.
Trunkenheit.
5) Hegel 4, 347; AB. 317, 14, 1405; Rp. 1556, 2, 15: Rtschlb. XLV1, 174.
8} S. IL L. 78. Nr. 5.
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