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lung angedeihen, die erst allmählich einer toleranteren Auffassung zu
weichen begann. Die von dem Pfarrer Andreas Würfel um die Mitte
des vorigen Jahrhunderts verfaßten sonst recht brauchbaren Werke über
die Nürnberger und die Fürther Judengemeinde sind noch voll von
Schmähungen und unbegründeten, zum Teil ganz abergläubischen Vor—
stellungen über die Sitten und Gebräuche der Juden. Länger als an
anderen Orten Deutschlands hat sich diese den Juden feindliche Tra—
dition in Nürnberg erhalten.
Erst am 18. Oktober 1800 wurde aus dem schimpflichen Juden—
leibzolle) ein im Wesen freilich nicht verschiedenes Passier- oder Ein—
trittsgeld verwandelt; Damals wurde auch das lebendige Geleit abge⸗
schafft. Der Nachtaufenthalt sollte gegen Entrichtung einer besonderen
Gebühr gestattet sein. Der feste Wohnsitz aber blieb den Juden ver—⸗
sagt, noch 50 Jahre lang (bis 1850).
Nach dieser letzten längeren Abschweifung über die Juden kehren
wir wieder zu unserer fortlaufenden Geschichte zurück. Unter der
Regierung Maximilians J. wurde eifriger denn je daran gearbeitet,
eine wirkliche Reform des politisch ganz zerfallenen deutschen Reiches
zu Stande zu bringen. Zu diesem Zwecke waren namentlich durch die
Bemühungen des Erzbischofs Berthold von Mainz im Jahre 1495
auf dem berühmten Wormser Reichstage verschiedene Institutionen ge—
schaffen worden, der „gemeine Pfennig“, eine allgemeine Reichs-Ver—
mögenssteuer, die im Jahre 1497 wirklich in Nürnberg erhoben wurde, **)
das bereits erwähnte Reichskammergericht, der ewige Landfriede. An
Stelle der damals beschlossenen jährlichen Versammlungen sämtlicher
Reichsstände zur „Handhabung“ dieser Bestimmungen wurde dann im
Sommer des Jahres 1500 auf einem Augsburger Reichstag eine kleinere
Körperschaft zur Vertretung der Reichsinteressen eingesetzt, zu der der
König selbst die Anregung gegeben hatte, die aber dann ganz entgegen
seinen Wünschen, von den Fürsten immer größere Machtbefugnisse
eingeräumt erhielt. Dennoch erteilte er seine Zustimmung und Nürn—
berg wurde dazu ausersehen, als Stätte dieses zunächst für sechs
Jahre geplanten Reichsregiments zu dienen, das sich für gewöhnlich
aus 20 Mitgliedern, „Regenten,“ darunter zwei Vertretern der Städte *xx)
zusammensetzte, in außerordentlichen Fällen aber durch die persönliche
Anwesenheit der 6 Kurfürsten (die böhmische Kurstimme ruhte damals)
und 12 anderer Fürsten verstärkt werden sollte. Dem „Nürnberger
Reichsregiment“ war thatsächlich die oberste Gewalt in allen Reichs—
Barbeck, Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth, S. 71 f.
**) Städtechroniken XI, S. 592.
**x) Im ganzen erhielten 8Städte, darunter auch Nürnberg, das Repräsentations⸗
recht beim Reichsregiment.