Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

— 724 — 
Damals auf der niederländischen Reise abwesend, ergoß er sich in 
seinem Tagebuch in die rührendsten Klagen. Er nennt Luther einen 
mit dem heiligen Geiste erleuchteten Mann, „der do war ein Nachfolger 
Christi und des wahren christlichen Glaubens. Und lebt er noch oder 
haben sie ihn gemördert, das ich nit weiß, so hat er das gelitten 
um der christlichen Wahrheit willen und um daß er gestraft hat das 
unchristliche Pabstthum“. „Ach Gott vom Himmel“, ruft er jammernd 
aus, „erbarm dich unser, o Herr Jesu Christe, bitt für dein Volk, 
erlöss uns zur rechten Zeit“. Er vergleicht Luther geradezu mit 
Christus, der auch von den Priestern sterben mußte und „vom Tod 
erstehn und darnach gen Himmel fahren.“ „O Gott, ist Luther todt, 
wer wird uns hinfürt das heilig Evangelium so klar fürtragen!“ Fortan 
setzt er nun all sein kindliches Vertrauen auf Erasmus, den er aufruft, 
ein Ritter Christi hervorzureiten neben den Herrn Christum, die 
Wahrheit zu beschützen und die Märtyrerkrone zu erlangen. Er sei 
doch schon ein altes „Männiken“, das sich selbst nur noch zwei Jahre 
zu leben gegeben habe. Die solle er „wohlanlegen“, dem „Evan⸗ 
gelio und dem wahren christlichen Glauben zu Gut.“ Und was 
Dürer im Stillen für sich niederschrieb, das entsprach — mit Aus— 
nahme der zuletzt angeführten Gedanken über Erasmus — der vor— 
herrschenden Stimmung in der Nation. Diese Stimmung fand aber 
auch offenen beredten Ausdruck. In der Zeit von 1518 bis 1528 
stieg die jährliche Zahl der deutschen Drucke bis aufs Siebenfache und 
der weitaus größte Teil davon gehörte der lutherischen Richtung an. 
Es kam soweit, daß sich ein Verleger in Straßburg vor dem Publikum 
entschuldigen zu müssen glaubte, weil er um des Geschäfts willen 
nicht etwa die verbotenen lutherischen, sondern auch vom römischen 
Standpunkt geschriebene Werke zum Abdruck brächte. 
Der Rürnberger Rat erhielt bereits im April 1521 ein kaiser— 
liches Mandat, worin allen Obrigkeiten strenge befohlen wurde, Luthers 
Bücher überall wegzunehmen. Das Achtedikt gegen Luther wurde dem 
Rat durch den schwäbischen Bundeshauptmann Ulrich Arzt, einen 
fanatischen Gegner Luthers, zugestellt. Der Rat zögerte lange damit, 
es zu veröffentlichen, ließ es aber endlich doch — am 17. Oktober 1521 
— am Rathaus anschlagen und von einem Notar ein Protokoll auf— 
setzen, daß er damit seiner Pflicht Genüge gethan habe. Zugleich 
wurde allen Buchdruckern abermals nachdrücklich untersagt, lutherische 
Schriften nachzudrucken. Ebenso erhielten sämtliche Prediger, welcher 
Richtung sie angehörten, den Befehl, sich aller aufreizenden Reden zu 
enthalten. Aber im Herzen gehörte die Mehrheit des Rats damals 
bereits der lutherischen Sache an. Es waren dies vor allen Hieronymus
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.