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Ehemals bildeten die bei weitem wichtigste Einnahmequelle für
die Finanzen des Reichs und des königlichen Hofes die Krongüter, für
die Karl der Große eine ausgezeichnete Verwaltung eingeführt hatte.
Diese Verwaltung geriet mit der Zeit völlig in Verfall und Hand
in Hand damit wurden auch die Bestände der Krongüter durch Schen⸗
kungen, Verpfändungen, Verleihungen, dann aber auch durch wider⸗
rechtliche Aneignungen seitens der immer mehr an Selbständigkeit
gegenüber dem Reichsoberhaupte zunehmenden Fürsten aufs empfind⸗
uͤchste geschmälert. Daß dieses namentlich zur Zeit des Interregnums
geschah, wo kein Kaiser das angegriffene Reichsgut zu schützen da
war, haben wir schon vorhin gelegentlich bemerkt. Erst mit der Re—
gierung Rudolfs von Habsburg trat hier eine Besserung ein. Diesen
energischen und klug mit den einmal gewordenen Verhältnissen rech—
enden König sehen wir während seiner ganzen Regierung mit Eifer
bemüht, der weiteren Zerstückelung der Reichsgüter vorzubeugen und
von dem schon abhanden gekommenen Gut so viel für die Krone zurück—
zugewinnen, als nur irgend möglich war. Es wurden Gesetze erlassen,
kraft deren alle Reichsgüter, die der Hohenstaufe Friedrich II. vor
seiner Absetzung (1245) inne gehabt hatte, der neuen Reichsgewalt wieder
anheimfallen sollten. Alle unrechtmäßig angeeigneten Güter sollten
eingezogen werden und der König kraft seiner Autorität verpflichtet
sein, gegen jeden, der sich der Einziehung widersetze, einzuschreiten und
die Rechte des Reichs zu wahren. Verpfändete Güter sollten wieder
eingelöst werden. Diese von RKudolf J. ins Werk gesetzte, von seinen
Nachfolgern weiter geförderte Revindikation der seit 1245 abhanden
gekommenen Reichsgüter und Reichslehen ließ eine feste Ordnung der
Verwaltung und Aufsicht als dringendes Bedürfnis erscheinen. So
kam es, namentlich unter Albrecht J. (1298- 1308) zur Errichtung
der großen Reichslandvogteien von Ober- und Niederschwaben, Ober—⸗
und Niederelsaß, Wetterau, Rothenburg o. d. Tauber und Nürn⸗
berg*). An der Spitze einer solchen Landvogtei stand ein Land⸗ oder
Reichsvogt, dem die Verwaltung der Reichsgüter, die Erhebung der
Gefälle, daneben auch die Oberaufsicht über verpfändete Reichsgüter,
sowie die Ausübung gewisser ursprünglich dem Kaiser zustehender Ge—
rechtsame stellvertretungsweise anvertraut waren. Öfters war er oberster
Landrichter seines Bezirks, manchmal auch versah er kraft außer—
—HS Es gab allerdings schon früher, sogar schon seit der zweiten Hälfte des
9. Jahrhunderts, Reichsvogteien in Beutschland. In umfassenderer Weise wurden
sie jedoch erst Ende des 18. Jahrhunderts organisiert Was im besonderen die
ruhere Verwaltung der Reichsgüter um Nürnberg betrifft, vgl. darüber S— 48 und
das bald hernach zu sagende. Wir folgen für diese Dinge vorzüglich Schröder,
Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte Leipzig 1889 S. 488 f. und dann namentlich
Züster, Wilh. das Reichsgut in den Jahren 12738 1813. Leivzig 1888.