Metadaten: Ortspolizeiliche Vorschriften und örtliche Satzungen der Stadt Nürnberg

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ihre Bildung. Daneben gab es freilich viele arme Kinder, die ohne Unterricht auf⸗ 
wuchsen. Für diese wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts durch milde Stiftungen 
edler Männer und Frauen besondere Armenschulen errichtet. Die erste dieser Schulen 
wurde im Jahre 1699 eröffnet, dank den Bemühungen des Marktvorstehers Andreas 
Ingolstätter und des Predigers bei St. Sebald, Konrad Feuerlein. Eine zweite 
errichtete im Anfange des 18. Jahrhunderts Ambrosius Wirth, „Sudenprediger“ im 
Heilig-Geist Spital. Im Jahre 1710 bestimmte die Marktvorstehers- und Banco— 
gerichtsassessorswitwe Katharina Rößler ihr Haus auf dem Treibberg und ein ent— 
sprechendes Kapital, damit „für die arme unerzogene Jugend in der Sebalder Pfarr 
eine gleiche deutsche Schule wie die (von Feuerlein gegründete) Lorenzer errichtet 
werde.“ Eine vierte Armenschule, und zwar für die vielen Kinder im Jakober 
Viertel, stiftete im Jahre 1728 Christoph Lazarus Haller von Hallerstein. Zwei 
weitere Schulen wurden endlich von Frau Barbara Präbes und von Frau Felicitas 
von Hörmann, verwitweten Lödel, gestiftet. Diesen Schulen floßen im Laͤufe des 
18. Jahrhunderts noch außerdem namhafte Summen an Schenkungen und Ver— 
mächtnissen zu. Für die Wirth'sche Schule allein stiftete Frau Renata Elisabeth, 
verwitwete Freifrau von Palm in Wien, welche zufällig von dem segensreichen 
Wirken derselben gehört hatte, die ansehnliche Summe von 72000 fl. 
Während die Schreib- und Recheumeifter von ihren Schülern Bezahlung ver— 
langten, erhielten die Kinder in den Armenschulen nicht nur den Unterricht und 
alle Lehrmittel unentgeltlich, sondern auch regelmäßige Unterstützung an Brot und 
Kleidungsstücken, und beim erstmaligen Genusse des hl. Abendmahls einen ganzen 
Anzug. Drei oder vier Jahre vor demselben wurden sie in der Regel aufgenommen. 
Denn der Vorbereitung für das heilige Abendmahl galt vor allem der Unterricht. 
An erster Stelle stand daher nach dem Willen vder frommgesinnten Stifter und 
Stifterinnen der Unterricht im „Christentum“. Dann erst kam Lesen und Schreiben, 
im Rechnen aber wurden sehr bescheidene Anforderungen gestellt. 
So segensreich die Armenschulen im ganzen wirkten, so konnten doch die von 
ihnen erzielten Erfolge dem gegen die Wende des Jahrhunderts hervortretenden 
Bedürfnisse einer gründlicheren Ausbildung für 3— und Gewerbe wie für das 
praktische Leben ebensowenig genügen, wie die hulen der Schreib- und Rechen— 
meister. Um diesem Bedürfmisse Rechnung zu tragen, gründeté Dr. Büchner im 
Jahre 1790 eine Erziehungs- und Lehraustalt für Knaben. Dieselbe sollte ihren 
Zöglingen nicht eine gelehrte Bildung auf der Grundlage der alten Sprachen, wohl 
aber eine gründliche allgemeine Bildung, und zwar durch den Betrieb der neueren 
Sprachen, der Mathemaͤtik und der Naturwissenschaften, gewähren. Ein ähnliches, 
wenn auch bescheideneres Ziel verfolgten zwei andere Schulen, welche die 1792 durch 
den Stadtpfarrer Roth gegründete „Industriegesellschaft“ zur Beförderung des dar? 
niederliegenden Gewerbes ins Leben rief. Die erste, eine „Mädchenindustrieschule“, 
am 12. August 1733 eröffnet, lehrte Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen und weib— 
liche Arbeiten. Sie beschränkte sich seit der Neugestaltung der Armenschule im 
Jahre 1818 auf den Unterricht in den weiblichen Arbeiten. Und als Handarbeits- 
schule für Mädchen bestand und wirkte sie bis zum Jahre 1885, in welchem der 
Unterricht in den weiblichen Arbeiten in allen Volksschulen allgemein eingeführt 
wurde. Die zweite dieser Schulen, eine „Knabenindustrieschuͤle“, die am 26. Sept. 1808 
eröffnet wurde, lehrte „Lesen, Schreiben, Rechnen, Singen, Zeichnen, Mechanik, 
Geometrie, Geographie, Historie, Physik, Holz- und Papparbeiten uͤnd Pflanzenab⸗ 
drucken.“ Im Jahre 1809 wurde sfie durch eine stactliche Realschule, die „Real— 
studienanstalt“ abgelöst. 
Bedeutsam für die weitere Entwicklung des Nürnberger Volksschulwesens 
war die Vereinigung der bisherigen Reichsstadt mit dem Königreiche Bayern, welche 
am 15. September 1806 erfolgte. Vor aͤllem galt es nunmehr, den Grundsatz der 
allgemeinen Schulpflicht durchzufuühren und die Jugend zu regelmäßigem Schulbesuche 
anzuhalten. Nach einer von den „Gaff enhauptleuten“ (Distriktsvorstehern) im Jahre 1808 
veranstalteten Zählung gab es damals im ganzen 3054 Kiuder, welche Unterricht erhielten.
	        
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