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Da die Staatsmänner der Donauresidenz eine augen-
blickliche Erweiterung selbst nicht erlangen konnten,
weigerten sie sich auch, Preussen eine solche zuzuerkennen.
Die Zustimmung Russlands verschaffte ‚indes Friedrich
Wilhelm ein Uebergewicht, welchem der Kaiser, der weitab
von dem Mittelpunkt seiner Hilfsquellen einen schwierigen
Krieg zu führen hatte, nichts entgegensetzen konnte. Als zu
Wien das Zusammengehen Preussens und Russlands in
Polen bekannt wurde, loderte der Unwille gegen den Staat
Friedrichs des Grossen mit alter Kraft auf.
Mit Nachdruck nahm sich der Kaiser der Reichs-
ritterschaft an. Alle diplomatischen Mittel erschöpfte er,
um Preussen zum Weichen zu bringen. Schlik mahnte
Hardenberg!; zu Regensburg drangen in Görtz die Ge-
sandten von Böhmen und Oesterreich wieder und wieder?2;
an das Kabinettsministerium sandte Fürst Reuss eingehende
Beschwerden, ?
Der Wiener Hof sprach sich durch seine Vertreter in
zyeharnischten Protesten gegen die preussischen Beamten
aus; wenn nochmals die Unterstützung des Reichshofrats
begehrt werde, drohte er, würde dieser ohne Zögern ein-
schreiten.
Unter dem Eindruck des Umschwungs, der infolge der
zweiten polnischen Teilung den Kaiserstaat durchzuckte,
Zlaubte man in Berlin, jede Reizung vermeiden zu
müssen. Man wollte dessen Wünschen, wenn auch nicht
in der Hauptstreitfrage, so doch in kleinen Dingen ent-
1. d. d. Frankfurt 14. April 1793; R. 44 C. 152.
2. Görtz an Hard. d. d. Regensburg 9. Apr. u. 24. Juli 1793,
Ganz an den geh. Justizrat u. Konsistorialpräsidenten Lösch
d. d. Regensburg 11. Juni 1793, Ganz an Hard. d. d. Bayreuth
13. Juni 1793; ebda.
3. Note d. d. Güntersblum 16. Apr. 1793.