fullscreen: Albrecht Dürer

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gleich zugreift, hat er nicht, z. B. auf einem im Berliner Kabinet 
bewahrten Blatt gezeichnet! (L 57) Würde man alle diese sorgsam 
auf gelblichem getöntem Papier ausgeführten Köpfe ziısammenstellen, 
ihnen noch die mit der Feder rasch entworfenen anreihen, so käme 
der scharfe Blick des Künstlers für das Natürliche und Charakte- 
ristische zu besonderer Geltung, ausserdem aber noch das stetig 
wachsende Streben, nicht bei den Einzelheiten zu verweilen, 
sondern den Kopf stets als Ganzes aufzufassen, ihm eine tiefere 
physiognomische Wahrheit aufprägen. Gleiche Ziele verfolgte er 
in den grösseren mit der Kohle gezeichneten Bildnissen, in welchen 
der feinere Strich, die weichere Modellierung, die belebteren Augen 
eine Änderung der Kunstweise gegen früher, einen grossen Fort- 
schritt bekunden. Mehr als sonst strebt er malerische Wirkungen 
an. Offenbar hat die Kenntnis niederländischer Bilder Spuren in 
seiner Phantasie zurückgelassen. Doch bleibt er weit davon ent- 
fernt, seine Natur zu verleugnen. Mitten unter den rasch hinge- 
worfenen Kohlenzeichnungen tauchen einzelne mit dem Pinsel sorg- 
fältigst ausgeführte Köpfe und Halbfiguren auf, welche uns seine 
alte Kunst der Feinmalerei vor die Augen bringen. Das berühm- 
teste Beispiel dieser Art ist das Bildnis des 93 jährigen Greises 
„noch gesund und fermüglich‘“ in Antwerpen, welches in der Alber- 
tina bewahrt wird und mit leichten Änderungen in einem zweiten 
Blatte im Berliner Kabinet wiederkehrt. 
Die Fülle von Landschaftskizzen, Kostümfiguren, Porträten, 
von welchen das Tagebuch berichtet und selbst heute noch zahl- 
reiche Proben sich erhalten haben, beweist, wie trefflich Dürer 
seine Zeit auch als Künstler ausgenutzt hat. Nur zur Übung der 
Ölmalerei kam er selten. Teils scheute er die immerhin langwierige 
Arbeit, teils mochte er zagen, gerade auf diesem Gebiet mit den 
Niederländern in Wettstreit zu treten. Zwei auf Eichenholz gemalte 
Bildnisse aus dem Jahre 1521 lehren uns ihn als Farbenkünstler 
kennen. Das eine stellt den Maler Bernhard van Orley aus Brüssel 
vor (Dresden). Das andere giebt die Züge eines unbekannten, ohne 
ausreichenden Grund Hans Imhof getauften Mannes in mittleren 
Jahren (Madrid) wieder. Wir hätten Dürer ein besseres Modell ge- 
wünscht, als den Brüsseler Maler. "Jugendliche Köpfe standen ihm 
überhaupt ferner, als ausgereifte, vom Schicksal gestählte Männer. 
Orley besass überdies keine reine jugendliche Anmut, sondern 
recht eckige Züge, welche zu den blauen Augen und blonden Haaren 
nicht recht stimmen wollten. Doch hat Dürer das Beste gethan.
	        
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