Full text: In Memoriam Adolf Bartning

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lichkeit. Der ungehobelte bon sens des Mannes, sein guter 
Blick für Praktisches hat eine schablonenmäßige Ausbil- 
dung empfangen, wofür etwa die militärische Schreibstube 
die Ursache gewesen sein könnte. Ein früherer Unter- 
offizier, der jetzt als Gutsverwalter oder als Unterförster 
in subalterner Stellung steht, mag diesen Text verfaßt 
haben. Der Mann ist energisch, tätig betriebsam, dienst- 
eifrig, zwar kein logischer aber ein materiell klarer Kopf, 
auch für Geschäftliches brauchbar, ohne Überschau freilich 
oder höher entwickeltes Dispositionstalent. Gegen seinen 
Vorgesetzten fügsam, führt er pflichteifrig aus, was ihm 
befohlen wird. Etwas grob und rücksichtslos mit seiner 
robusten Gesundheit andere brutalisierend, ohne es selbst 
zu merken oder zu wollen. Anlage zum Jähzorn ist vor- 
handen, wahrscheinlich spricht er auch dem Alkohol 
etwas zu, die Verschmierung der Unterlängen sind da 
sehr sprechend. Diese Umstände machen ihn launisch, 
gelegentlich gereizt, ungleichmäßig und oft schroff, auf- 
fahrend, etwa auch zu Affekthandlungen aufgelegt; eigent- 
lich grausam ist er dabei nicht. Dieser Typus Mann ist 
mir im Bayrischen hundertfach begegnet; er sitzt dort in 
jedem Wirtshaus auf dem Land, ist aber, wenn man sich 
an seiner rauhen Außenseite nicht stört, gar nicht so übel. 
Großsprecherisch, naiv und leichtgläubig durcheinander, 
besitzt er zwar weder Takt noch Feinheit, aber einen 
gewissen rohen Enthusiasmus. Ein treuer Diener seines 
Herrn also spezifisch bayrischer Färbung. Selbstgefällig 
blickt er auf seinen Schneid und auf seine Kraft, ein mar- 
tialischer Prahler, aber moralisch kein Schwächling. Un- 
aufrichtig ist er nicht von Natur, einzig Übertreibungen 
und Aufschneidereien beeinträchtigen die Wahrhaftigkeit 
in diesem Charakter. Ich halte ihn persönlicher Gutmütig- 
keit für fähig und nicht für allzusehr der Geldgier unter- 
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