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Flieder, ein Hauptschmuck der Nürnberger Anlagen und Gärten 
sendet berauschenden Duft zu den beiden Menschen herauf, die 
sich über die Brüstung der Holzgalerie beugen, um den prüfenden 
Blick auf die hochgeschwollenen Wassermassen des Flußes zu 
senken. — 
Die Sonne ist bereits zur Rüste gegangen; rosa angehaucht 
von ihrem scheidenden Lichte breiten sich die weißen Wölkchen 
über den abendlichen Himmel aus. 
„Es war schrecklich, als das plötzliche Thauwetter im 
Januar eintrat“ — sagt die Dame mit dem feinen, interessanten 
Antlitze. „In einer Nacht — es war die des 14. Jannar — 
rat die Pegnitz so gewaltig aus den Ufern, daß sie die ganze 
Insel Schütt unter Wasser setzte. Da gerade Messe war, 
schwemmte die brausende Flut einen großen Teil der Meßwaren 
und Buden mit fort. Ich werde nie den Jammer der ge— 
schädigten Kaufleute vergessen und den Anblick von Verwüstung, 
den die weißschäumenden Wellen boten, als sie Bretter, Balken, 
Gegenstände aller Art mit fortrissen.. 
Wir sind hier Gefangene, sobald Hochwasser eintritt; der 
Spitalplatz, die Neuegasse, das Binsengäßchen, kurz was in 
unserer Umgebung gelegen, steht sofort unter Wasser.“ — 
„Das wäre ja ganz interessant, solch' Wassergefangenschaft 
einmal mitzumachen“ — erklärt der Herr und läßt ein mut— 
williges Lächeln seinen schön geschwungenen Mund umspielen. 
„Diese Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen“ — erwidert 
seine Gefährtin, indem sie nach dem obern Flußufer deutet — 
„Sehen Sie, wie hoch die Wellen bereits gehen. Das bringen 
die starken Regengüsse der letzten Wochen mit sich. Doch halt! 
Dort auf dem Holzsteg scheint etwas vor sich zu gehen 
— Menschen sammeln sich an, man ruft, man zeigt — — 
ein Unglück! Vielleicht ein Ertrunkener!“ — — Noch hat sie 
die Vermutung nicht völlig ausgesprochen, da verläßt sie der 
Herr an ihrer Seite mit hastigen Schritten. Im nächsten Augen— 
blicke gewahrt sie ihn in des Hauses Gärtchen, wie er eilig die 
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