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die stille Stunde mit Dir ist gestört. Du fragtest
mich, und ich fand nicht die Zeit, Dir zu antworten.“
„Es ist ganz gut so, Sebastian. Schon viel
zu lange haben meine Gedanken diese Worte vom
Streben nach des Mannes Wissen und Tun belastet.
Sieh, in den ersten Jahren, da saßest Du oft am
Abend mit einem Buch bei mir und erzähltest mir
von den Dingen, die Du gelesen. Davon ist mir
eines wie eine Richtschnur geworden, und dieses
eine verträgt sich immer mit allen meinen Ge—
schäften und vor allem mit dem, was ich von dem
Pfarrer an Sankt Lorenzen gelernt. Und ich fühle,
es ist mehr wert, als alles das Schöne und Ver—
lockende hier.“
„Und das war?“ Rottmann hielt seines Weibes
Hand fest und sah sie forschend an.
„Du kannst, weil Du sollst.“
Rottmann nickte zustimmend. „Ich suchte in
jenen Tagen nach einem Weg aus dem Wirrwarr
meiner Gefühle — und als ich ihn gefunden, da
zeigte ich ihn auch Dir. Und wir beide haben's
erfahren, daß es der rechte Weg war.“
„Ja, Liebster, wenn aus diesen feinen Büchern
des Herrn Schleiermacher mir die reizenden Frauen
hervorwachsen, die Zeit haben, im geistreichen Reden
mit klugen Männern aus den engen Grenzen unseres
Frauenlebens herauszutreten, dann bin ich nun
eingedenk, daß ich andere Pflichten habe, als den
‚„Ausbau meines Seins,‘ wie es der kluge Mann
hier einmal nennt. Meines Herrn Heim ausbauen
und seiner Kinder Herzen, das ist meine Pflicht.
Ist's nicht so?“
Rottmann nickte.
„Solange jenes Buch, das ich aus dem ersten