‚02 Die Nürnberger Singfchule.
aber auch erfennen, wie der Meiftergejang urfprünglich feine Anregung
5urch die religiöje Empfindung erhalten Hatte.
Der Eifer, mit dem Hans Sach3 damals die vorhandenen Meifter-
jeder fammelte, {tand auch im Zufammenhang mit feinem ehrlichen
Bemühen, die in Verwahrlofung geratene Meijterfingfhule in
Nürnberg wieder zur Heben, fie wieder in richtigere Bahnen zu lenken.
Mu} feinen weiten Neijen Hatte er in den Singfhulen anderer Städte,
namentlich in München, Frankfurt und am Rhein, reichlicdhe Beobachtungen
und Erfahrungen gemacht, die ev für feine Baterftadt zu nuben fich
müßhte. Vor allem fuchte er die Nürnberger Schule von allen JHlechten
Stementen 3u reinigen, die Hübeln Neigungen eitler und felbftfüchtiger
Sejellen, die Unfrieden ftifteten, zu befämpfen, indem er fie auf ihre
Pflichten der Ehrbarkeit, des SGemeinfiunes und der reinen Liebe zur
Kımft Hinwies. Schon in feinem zweiten Liede von der „Schulfunft“,
it welchem er die Namen der verdienftvolliten Nürnberger Meijterfinger
Herzählte, Hatte er bei Vergleichung der Singfchule mit einem JAönen
und wohlgezierten Garten von dem „wilden Chier” gefprochen, welches
diefen auserwählten Garten verwiüfte, oda nur noch Diftel und Dorn
darin mache. Das Tier aber war der Neid, der in der Schule
rivacht jet und Mipgunfjt und Partei errege. Das Lied hat Hans
Sachs in jeinent eigenen „neuen Ton“ gefOrieben; c38 Hat 25 Reimzeilen
m jeder Strophe und der Schluß der lebten lautet:
Darum, ihr Singer, darauf {haut
Daß 2eid und Haff nicht Fumm auf euer Schule
Und brech was man hab lang gebaut;
Belißt in Reinigkeit der Alten Stuhle.
Der nicht dicht, der fing, oder funft
Mus fremder Kunft
Dhn allen 2eid, ANiemand ihn auch verachte,
Melcher dann von Gott die Genad
Zu dichten hat,
Der bleib demütig und treib feinen Stolze,
Theil fein Kunft aus und rühme fich nit fehr;
Die Kunft wird felb den ihren Meifter loben.
Ein ganze Schul die hat fein Ehr.
Do man aus Lieb ift allen 2Teid zudecken,
Da giebt Gott mildialich des Beiftes Gaben #)
*) Die Jahreszahl 1515, welche diefem Liede nad einer fpätern Abofchrift beigefügt ift, fanıt
yurchaus nicht richtig jein; denn Hans Sachs war in jenem Sahre noch auf der Wanderichaft, Kat fich
109 fAwerlich um die Vorgünge der Nürnberger Singidhufe fümmern Fönnen.