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kommen, und die freien Bauern murrten über die fast unerschwing—
lichen Abgaben, die ihnen aufgebürdet wurden. Dazu kam der
heimliche Wunsch der Königin, zur katholischen Kirche über—
zutreten, den alle diese Gründe und der Überdruß an den
Regierungsgeschäften in ihr reifen ließen.
Christina selbst hatte dem Pfalzgrafen den Obersten von
Schlippenbach als Hofmarschall vorgeschlagen, damit er einen in
die beiderseitigen Pläne Eingeweihten stets zur Seite hätte, der ge—
eignet wäre, die später unumgänglichen Verhandlungen über den
Verzicht auf die Krone zu leiten. Der junge Fürst aber war um
so lieber auf diesen Vorschlag eingegangen, als er Schlippenbach
im Felde als tapfern Soldaten schätzen gelernt hatte und seine
diplomatische Gewandtheit kannte.
Zudem konnte ihm ein vollendeter Hofmann, der bei der
sehr mißtrauischen Königin vorzüglich angeschrieben war und von
dem sie wahrscheinlich nicht annehmen würde, daß er lediglich zu
Gunsten des präsumtiven Thronfolgers arbeite, nur nützlich sein.
Die Hofmarschallstellung selbst diente für Schlippenbach
daher eigentlich nur als Deckmantel seiner hochpolitischen, sehr
schwierigen Mission als gemeinsamer Vertrauter Christinas und
Karl Gustavs. Als Abgesandter der ersteren bezog er ein ziemlich
hohes Gehalt, aber auch der Pfalzgraf wollte sich ihm gegenüber
dankbar zeigen und da seine Börse nicht übervoll war, hatte er
ihm vorläufig unter der Hand, aber mit Billigung der Königin,
die Einkünfte seines Gutes Kutzenhausen an der Selz im Elsaß
überlassen. So konnte er rang- und standesgemäß auftreten und
die bedeutenden Kosten bestreiten, die durch den geheimen Brief—
wechsel mit Hilfe der in seinem persönlichen Dienst stehenden
Kuriere und Agenten erwuchsen, ohne daß jemand ahnte, zwischen
wem derselbe eigentlich geführt wurde.
Von einer öffentlichen Schenkung jenes Gutes hatte der Pfalz—
graf zunächst Abstand genommen, um Schlippenbachs eigentliche
Stellung nicht zu entschleiern. Er war sich aber klar, daß er
seinem in eine schiefe Lage gekommenen, getreuen Diener eine
Ehrenrettung schuldig sei, und beschloß, die nächste günstige Ge—
legenheit hierzu abzupassen.
Schon nach kurzer Zeit kehrte der junge Oberst zu seinem
fürstlichen Herrn zurück und konnte ihm melden, daß alles zu
einem förmlichen Verhör vorbereitet sei.
„Ich habe Eurer Durchlaucht noch eine unterthänigste Bitte
vorzutragen,“ begann er sodann nach einigem Zaudern.