nerer Rechtfertigungsgrund für jene erweiterte Competenz
geltend gemacht werden konnte, nunmehr auf eine ein-
fachere und durchgreifendere Art abgeholfen zu sein schien **),
und die in Deutschland inımer mehr fortschreitende Aus-
bildung der Particularstaaten, die das Reich am Ende mehr
nur einem zusammengesetzten Staatenkörper gleichen liess,
machte die im Reiche zerstreuten kaiserlichen Gerichte, de-
ren Existenz sich eigentlich nur auf dem Grunde einer
durchgeführten Staatseinheit denken liess, vollständig zu
einer Anomalie, soweit sie nicht im Laufe der Zeit zu
Territorialgerichten geworden waren.
So kam es, dass seit dem Beginne der neuen Zeit diese
Gerichte immer mehr an Ansehen und Wirksamkeit ver-
loren, während sie gleichwohl, wie su manche andere ver-
altete Reichsinstitution ihr Dasein fortschleppten, bis die
neueste Zeit demselben ein für allemal ein Ziel setzte.
Während aber die Fehmgerichte schon verhältniss-
mässig frühe alle Bedeutung eingebüsst hatten und ziem-
lich unbeachtet zu Grunde gingen, blieb den kaiserlichen
Hof- und Landgerichten doch noch ein höherer Grad von
Einfluss. Dieser war noch bedeutend genug, die Aufmerk-
samkeit bei den Verhandlungen über den westphälischen
Frieden auf sie zu lenken, bei welchen ihre gänzliche Ab-
12) In einem bei Goldast:; Politische Reichshändel. Frank-
furt a. M. 1614. 8. 989 ff. unter dem Titel: Gravamina, Klagen
ynnd Beschwerden, So Graffen, Herrn. gefreyete Ritterschaft vnd
Reichs Stede, vber die hohere Stend in Francken haben, und dar-
nach bei J. J. Beck: Tractatus de jurisdietione vogtejica imnme-
diata. Von der ohnmittelbahren Vogteylichen Obrigkeit etc. Nürn-
berg 1738, S. 630 ff. abgedruckten Aufsatze heisst es mit beson-
derer Beziehung auf die Landgerichte in Franken und namentlich
das zu Nürnberg: »Als aber das Cammergericht auffgericht wor-
den, seynd die Landtgerichte wie der Monschein, wann der Tag
und Sonnenglantz herfür bricht, verschwunden vnnd in abgang
kommen.« (Goldast S.993. Beck S. 642). Dieselbe Stelle findet
sich bei Bensen: Rotenburg S. 296. N. 5, nach des Verfassers An-
gabe aus einer »Relation um 1550,« die wohl mit dem von Gold-
ast mitgetheilten Aufsatz identisch ist. Dieser ist jedenfalls Jün-
ger als der Augsburger Religionsfriede (1555), auf welchen er sich
einmal beruft. (Goldast S. 995, Beck S. 651). Gegen die hier
ausgesprochene Auffassung erklärt sich Jung, Comicia S. 64 ff.