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Propagandaschrift, welche durch die drei Müllerverbände und durch die
Zeitungen bekannt gemacht ist. Gravo!)
Herr Vorsitzender van den Wiyngaert: Ich möchte die Kollegen,
die das Wort zu dieser Frage nehmen, doch darauf hinweisen, daß es sich
um Syndikat und Fusionen handelt. Infolgedessen wäre es wohl gut, mit
Rücksicht auf die lange Tagesordnung und auf die beschränkte Zeit, die
wir haben, die Kontingentierung und andere Gebiete nur nebenbei zu streifen.
Herr Hautel-Frauenburg: Ich werde Sie nicht mit langen Aus—
führungen belästigen; m. H., ich mache es kurz. Sie alle haben sicher
mit großer Freude gelesen, daß einer von den Herren des Vorstandes
sich fand, der diese schwierige Frage öffentlich behandeln wollte, und nach
der Richtung hin können wir Herrn Thiem wohl alle dankbar sein.
Aber einem sehr großen Teil von Ihnen wird der erste Teil der Rede
eine unangenehme Ueberraschung gebracht haben; denn er enthielt nichts
weiter als eine Anklage gegen die Handelsmüller, und ich bedaure diesen
Angriff um so mehr, als er nicht geeignet erscheint, das uns zugerufene
Wort des Herrn Thiem wahr zu machen: „Seid einig!“ Diese Aus—
führungen stehen in direktem Widerspruch mit dem Zuruf auf Einigkeit.
Mit den Theorien des Herrn Dr. Sellnick will ich mich nicht weiter
beschäftigen, sondern mit Nachfolgendem mich nur an die Praxis und die
praktischen Ausführungen des Herrn Festner halten, die wohl geeignet
sein können, etwas Positives zu schaffen. Da muß ich außerdem be—
dauernd den Ausruf des Herrn Thiem zurückweisen: die großen
Handelsmüller haben Euch Kleinmüller vernichtet. (Sehr richtigl) — Sie
sagen „Sehr richtig!“ Ich sage: das ist falsch! (Heiterkeit. Ich werde
bersuchen, das kurz zu beweisen.
Die deutschen Müller, auch die kleinen, sind nicht ruiniert worden
durch das Größerwerden der aufstrebenden Müller, sondern sie sind, nach—
dem ein Teil von der deutschen Landwirtschaft aufgesogen, der im agrari—
schen Interesse eingeführten Zollpolitik geopfert worden. Mit jeder
weiteren Zollerhöhung und Zollveränderung sind nur die deutschen Klein—
wie Großmüller geschädigt worden. (Ruf: Aha!) Es sind viele von uns,
die noch auf das Gesetz von 1879 zurückblicken, als der erste Getreidezoll
eingeführt wurde. Die Müllerei wurde stets vergessen, und wie wenig
man damals an der oberen Regierunggsstelle über die deutsche Müllerei
bor jenen Jahrzehnten orientiert worden war, das bewies jener Geheim—
rat im Ministerium, der einer damals zu ihm kommenden Müllerdepu—
tation auf ihren vorgebrachten Notschrei erwiderte: „Was sind das eigent—
lich für Leute, die Müller?“ Der Vorsitzende unseres Verbandes wird
sich dieser Aeußerung wohl noch entsinnen. Das Streben der Müller,
bvorwärts zu kommen, konnte dadurch aber nicht aufgehalten werden, und
so gehe ich weiter und sage: das Aufblühen der großen Ausfuhrmühlen
zu dem jetzigen Umfange ist lediglich das Produkt der agrarischen Zoll—
gesetzgebung. (Widerspruch.) Ihre gegenteiligen Ansichten können Sie
ja, m. H., ohne mich zu unterbrechen, nachher so liebenswürdig sein hier
von dieser selben Stelle aus zur Geltung zu bringen. (GHeiterkeit.)
M. H., ich glaube, auf dem Wege, der hier vorgeschlagen ist, kommen
wir zu keinem positiven Erfolge. Nur der Weg des Herrn Fechner er—