Metadaten: Hans Sachs und die Heldensage (Band 1)

Ge 
S 
hätte?!) Wir sahen, dass die Verflechtung des Namens dieser 
Fürstin in. eine compromittierende Geschichte wie hier, in 
katholischen Kreisen mit grösstem Missbehagen empfunden wurde; 
wir sahen ferner, dass Theodolinde in Oberitalien kirchliche 
Verehrung genoss und dass daher dort Boccaccios Novelle als 
eine starke Satire auf die Heiligenverehrung empfunden 
werden musste, wie eine solche gleich in der Novelle Dec. I, 1 
(Ciapelleto) und Dec. II, 1 (Martellino) enthalten ist. Eine 
solche anticlericale Satire aber, gegen Personen wie eben Theodo- 
linde gerichtet, kann aber erst dann Wirkung und Bedeutung 
haben, ja erscheint überhaupt erst dann erlaubt und verständ- 
lich, wenn wir annehmen, dass Boccaccio eine Ueberlieferung 
hinter sich hatte, die ihn anregte und zugleich stützte. Auch 
widerspricht es der Art und Weise unsres Dichters, derartig 
berühmte Persönlichkeiten mit reinem Andenken wie Theodo- 
linde in der vorliegenden Weise ohne irgend einen Rückhalt 
blosszustellen, im Gegenteil finden wir Beispiele, dass Boccaccio 
die wahren Namen handelnder Personen in compromittierenden 
(Jeschichten schonend verschweigt (Dec. I, 6; vgl. Landau S. 318). 
Spricht nun diese allgemeine Erwägung dafür, dass 
Boccaccio infolge einer äusseren Anregung gerade den Namen 
Theodolindens aufgriff, finden wir ferner in Deutschland eine 
Sage von der langobardischen Königin mit ebenso zweifelhaftem 
Inhalt wie die italienische Novelle, so drängt sich von selbst 
die Vermutung auf, dass es eben die deutsche Sage war, 
der Boccaccio jenen Namen entlehnte. Diese Anschauung wird 
weiter gestützt durch den Umstand, dass beide literarischen Erzeug- 
nisse, wenn man bei Boccaccio von demjenigen absieht, was aus 
Johann von Capua und dem Dolopathos entlehnt ist, in ihrem letz- 
ten Kerne eine bedeutende Uebereinstimmung aufweisen, die sich 
etwa so charakterisieren lässt: Die Königin Theodolinde von der 
Lombardei, Agilulfs Gemahlin, wird ohne ihren Willen von 
einem tief unter ihr stehenden Manne zu sinnlichem Liebes- 
genuss missbraucht; ihr Gatte Agilulf erfährt dies, macht aber 
1) Das Gleiche meint Giannone, Istoria di Napoli I. Haiae 17553 
vel. oben 8. 69,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.