Objekt: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

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mit ihr das äußere CrfennungsSzeichen verihmwmand und der fie wieder zum Dach 
Hinausftedende Bfeffirtenträger zum zweiten Mal mit ihr fiel, da war natür: 
li an Schonung nicht nchr zu denken. Die Chaffepotkugeln kkamen durh’s 
Henfter geflogen und eine Öranate flog, das ganze Haus in Aufruhr ver; 
jebend, in das Dach. Die Fenfter und Spiegel zerbrachen. Alles zitterte 
und mwadelte und „Heuer“, „Feuer“ erfholl e&, Der Arzt Fam hHeraufgejtürzt.“ 
„MadhHen Sie augenblicklich, daß Sie fortkommen, das Hans bremmnt.“” 
„Sie haben leidht reden, aber Können vor Lachen; eS kommt übrigens 
auf Sins heraus, verbrannt oder erfchofjen.“ 
Während meines Selbftgelpräches mar der Doktor Ion ange mieder 
verfOmunden, um die drohende Sefahr auch in den andern Zimmern anzufjagen, 
die in dem Semwühl noch Ärger erfehien, al8 fie wirklihH war. Einige 
Yeute jtürzten mit Wafjerfübeln in die oberen Stodwerke, in denen auch 
9 mid befand, und Köfchten das dur) eine Oranate entftandene, ganz 
unbedeutende Feuer, während dejfjen ‘die Franzojen das Haus befetzten 
und den Ddirigirenden Arzt nebjit Vatienten zu Sefangenen erklärten. Der 
Kampf müthete mit Heftigkeit in der nächften Nähe fort und zumal 
die Hinter dem Haus liegende Terajje wurde energifch) gegen die heftig Bor: 
dringenden vertheidigt. So lange id) noch bayerifhe Signale hörte, gab 
id die Sache noch nicht auf, alS jihH aber das „Vorwärts“ (ein anderes Signal 
wurde nicht geblafen) immer mehr entfernte und [hmäcder wurde und die 
Hranzofen au Mitrailleujen in vorge[hHobene Bofition brachten, !als ich auf 
der Strafe nur das Sejchrei don Franzofen und Fein deutihes Kommando 
oder „Hurrah“ mehr Hörte, da dachte ich wohl, jebt fei Alles verloren. Diefer 
DSedanke wirkte fo niederdrückend auf mich, daß ich die Hände ballte und die 
Zähne feft aufeinander biß, um meiner WuthH Ausdruck zu geben, von der 
id mieder durch eine ih einftellende Ohumadıt befreit wurde, ; 
„Herr Lieutenant, fie gehn wieder vor.“ 
„Wer denn?“ 
„Die Franzojen fangen fhon an zu Iaufen. eberall Fommen neue 
Truppen von uns“, Während mein Bedienter fo fprah, entwickelte fi 
ein ganz Foloffales Kleingewehrfeuer, das fajt pISblidh dur) ein Fräftiges 
„Qurrah“ beendet murde und Allen, was Franzofen hieß, das aufen Lehrte. 
Vorüber {türmten die verfolgenden deutjhen Abtheilungen, und al® wieder 
das Feuer begann, mar e8 in ganz rejpeftvoller Entfernung. Die MAufz 
vegung, in der ih mid) befand, übermwältigte im Verein mit einem heftigen 
Yieber meine Natur von Neuem und mitten im Oetümmel der jubemnden 
Soldaten verfiel ih in feften Schlaf, in meinen Träumen das Sonett Körner’s 
recitirend: Die Wunde brennt, die bleidhen Lippen heben 
Und wie die Sinne langjam mir vergehen, 
Trät mich ein Hauch zu moragenrothen Höhen. 
Die erfte Kompagnie unfjere8 Bataillons operirte recht3Z von uns und 
erreichte ebenfalls einen qünftigen Terrainabfchnitt, von wo aus ein unuNter: 
brochenes Feuer gegen den aud un (der 2. Kompagnie) gegenüberftehenden, 
meift aus Marinetruppen zufammengefebsten Gegner unterhalten merden Fonnte, 
und e8 auch gelang, einen verfuchten Ungriff zurüczumeifen. Die 2. Kompag- 
nie, fig an ‚den Kinfen Fkügel der erften anlehnend, Fam etmaz fpäter zum 
Sefeht und bildete den linken Hügel der ganzen Stellung. Die erfte Kom: 
bagnie wurde durch zwei hundert Schritte rechts rückwärts abgeproste, Se:
	        
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