Volltext: Evangelienharmonie Ndl.-dt. Leben Christi – Nürnberg, STN, Cent. VI, 51

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„Freilich,“ bestätigte Eleonore eifrig, „er hat sich aber auch 
seinen Umgang nur unter tüchtigen Männern und strebsamen 
jungen Herren gewählt und mit ihnen fleißig studiert. Von allen 
ist ihm jedoch der Franz Crailsheim stets der liebste gewesen.“ 
Eva schwieg und arbeitete anscheinend ruhig weiter. 
„Ich habe den Crailsheim auch sehr gern,“ fuhr die Aeltere 
fort, „er hat so etwas Ernstes und Gesetztes an sich. — 
Bartholomäus sagte mir, er beschäftige sich eingehend mit einer 
größeren, genealogischen Arbeit.“ 
Eva schwieg beharrlich weiter und stichelte ohne aufzu— 
sehen fort. 
„Dein Vater erzählte mir, er habe ihm manche seiner 
Fragen beantworten können, da seine Arbeit sich auf unsre 
steirischen Familien hier in Nürnberg bezöge.“ 
Eva, die erst so lustig geplaudert hatte, schien gänzlich ver— 
stummt zu sein. 
„Hat Dir Onkel Karl nicht auch davon erzählt?“ fragte 
Eleonore nun direkt, um Eva zu einer Antwort zu veranlassen. 
„Doch, der Vater erwähnte es gelegentlich.“ 
Pause. — 
Vorsichtig, damit die Base keinen Verdacht schöpfen solle, 
fuhr die junge Diplomatin fort: „Nun, da kommt wohl Crails— 
heim ost zu Euch, um gemeinsam mit Deinem Vater zu arbeiten?“ 
„O ja, öfter.“ 
„Das ist doch für Deinen Vater, der so zurückgezogen lebt, 
recht angenehm! Er schätzt ihn wohl sehr hoch?“ 
Ohne von ihrer Näherei aufzusehen, meinte Eva, ein klein 
wenig rot werdend: „Ja, der Vater hat ihn sehr gern und lobt 
seine Kenntnisse.“ 
„Dabei kann er sehr unterhaltend sein,“ meinte Eleonore. 
Wieder eine Pause. 
„Ueberhaupt ein so gediegener Charakter —“ 
„Auch ein wirklich sehr hübscher Mensch!“ — — — — 
Eva wurde zwar noch um einen Schein röter, schwieg aber 
wieder beharrlich. 
Hm! dachte Eleonore, aus der kleinen versteckten Person ist 
auf diese Art nichts herauszubekommen, da müssen wir es mit 
kräftigeren Mitteln versuchen. Mit möglichst gleichgiltiger Miene, 
aber ihr Gegenüber scharf beobachtend, warf sie so hin: „Für
	        
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