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Hans Sachs.
zu mischen und in den Ton der individuellen Polemik einzugreifen,
fühlte der stille Mann sich nicht berufen. — — — Wunden zu
schlagen mit Feder oder Schwert lag ihm minder am Herzen als
Wunden zu heilen, und er wies zu der Sanftmut zurück, die lieber
die Fehler der Menschen verlacht als verflucht. Er verstieg sich
klüglich nicht zu Proklamationen ans Volk, sondern legte ihm sein
Anliegen etwa in planen Allegorien vor; er schrieb nicht Mahn—
briefe an Kaiser, an Papst und Reich, sondern er ließ sich die
Götter in ratschlagender Versammlung über sie unterhalten und
richtete mit seinem sanften Humor vielleicht mehr aus als andere
mit treffender Geißel. — — — Er ließ sich von den arroganten,
groben, zelotischen Schriften seiner Zeit nicht hinreißen; im größten
Zorn und Unwillen schimpfte er nicht wie Luther, wie selbst die
regierenden Häupter der Zeit thaten; seine Schreibart ist kräftig
und rauh fast neben der jedes anderen Zeitgenossen; lebendig und
hell neben der Murners, viel poetischer, eindringlicher und weit
edler als die Huttens, voll Gesundheit und reinem Humor gegen
die Fischarts, — — und seine Sprache ist für jeden Humoristen
und Satiriker eine reiche Quelle.“
Auf der andern Seite aber ist der Inhalt seiner polemischen
Schriften stellenweise weniger tief, flacher wie der anderer
Polemiker und deshalb von reinwissenschaftlichem Standpunkte weniger
bedentend. Sachs schrieb auch in seiner Polemik als Mann aus
dem Volke für das Volk: tiefe Wissenschaftlichkeit, spitzfindige
Probleme und gelehrte Untersuchungen wirken aber hier weniger als
leichte, in Gedanken und Sprache ebene Mahnungen und Unter—
weisungen.
So kam es, daß Sachs für die Verbreitung der Lehre Luthers
unter dem gewöhnlichen Volke von hoher Bedeutung war.
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