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Von Dr. F. J. Hollyu
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Erwähnung gethan. Den Bericht hierüher, wie ihn Flavius Josephus
hinterlassen, nimmt Sachs getreulich auf und schildert in beredten
Worten die Verwüstung der hl. Stadt und das Elend, welches
damit über ihre Bewohner kam. Von diesen Geschehnissen springt
er dann geschickt zu den Verhältnissen der Christenheit über und
»oltert über deren Fehler und Laster: Aufsitzen, Schinderei, Wucher,
Lügen und Trügen ist allgemein, schilt er. Die Föllerei und das
schändliche Zusaufen, Ehebruch und schnöde Hurerei, Hoffart über
die Maßen, Tanzen, Spiel, Nachrede, Horn, Neid und Haß, allerlei
Praktik und Untreue, Mordbrennen, Morden, Raub, Krieg und
Diebstahl, Gotteslästerung ohne alle Scheu, Zauberei, Gottesver—
achtung, — machen sich breit allenthalben auf den Straßen. Geht
das so fort, so muß das Gericht Gottes kommen. Seinen Zorn
wird er über uns ausschütten; schicken wird er uns Zwietracht und
Aufruhr, der Freund streitet dann wider den Frennd, Mord, Raub
und Plünderung wüten, Teuernung und Hungersnot erwacht, Unglück
aller Art, Ungemach und eine entsetzliche Pestilenz wirken vernichtend,
is das ganze Menschengeschlecht von der Erde vertilgt ist.
An diese schreckliche Drohung und Mahnung an die sündige
Menschheit knüpft der Dichter schließlich die Bitte: „O Herr Jesu
Christ, wir bitten dich, leite uns zu wahrhaftiger Buße, auf daß
dein Glaube und deine Liebe in uns wachse, daß wir erlangen
deine Gnade hier und dort ewiglich.“
Überblicken wir in einem Schlußworte Sachsens Christentum
und Wirksamkeit als Anhänger Luthers, so muß zweiffellos zuge—
standen werden, daß er von der Wahrheit der neuen Lehre völlig
überzeugt war. Sein schlichter, gerader Wahrheitssinn und die
Lauterkeit seines Charakters birgt schon hierfür, und von diesem
Standpunkte aus ist ihm sicherlich kein Vorwurf zu machen, da ja
jede ehrliche Überzeugung achtenswert ist. Auch. bediente er sich
in seinen polemischen Schriften, mit Ausnahme derjenigen, die er
auf Veranlassung Osianders verfaßt, und deren geistiger Urheber
ja eigentlich jener übereifrige Prädikant war, im allgemeinen eines
gemäßigten Tones, so daß er vorteilhaft in dieser Hinsicht von den
meisten kirchlichen Polemikern seiner Zeit sich unterscheidet. Man
ann sich infolge hiervon den Ausführungen im großen Ganzen
anschließen, welche der Literarhistoriker Gervinus!) über Hans
Sachs giebt. Diese lauten: „Geharnischte Reden zu schreiben, fiel
boam nicht ein, auch wo er am heftigsten war, sich in Persönlichkeiten
Geschichte der poetuchen Nationalliteratur, Bd. 2, Ende.