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bandes Deutscher Müller im Dezember vorigen Jahres ist der Beschluß
gefaßt worden, den Erlaß eines Futtermittelgesetzes anzustreben. Die
Grundlagen zu diesem Vorgehen sollen der heutige Vortrag und die sich
daran anschließenden Verhandlungen bilden; denn dieser Gegenstand
bietet so viel Schwierigkeiten, daß man ihn nur mit großer Vorsicht
behandeln kann.
Vorstand und Bleibender Ausschuß haben in jener Sitzung der
Überzeugung Ausdruck gegeben, daß die Verfälschung von Futtermitteln
einen solchen Umfang angenommen habe, daß es nicht länger zu umgehen
sei, dagegen die Hilfe des Gesetzgebers und zwar in strafrechtlicher Be—
ziehung anzurufen, wie es ähnlich bezüglich der Nahrungsmittel geschehen
ist. Bekannt dürfte sein, daß unser Verband mit dieser Überzeugung nicht
allein steht, daß vielmehr der Mißbrauch auf diesem Gebiete allgemein
bekannt ist. Insbesondere ist das aus landwirtschaftlichen Kreisen bekannt,
die schon seit langen Jahren ein gesetzliches Einschreiten in gleicher
Richtung verlangen.
Allerdings hat m. E. die Landwirtschaft diese Angelegenheit nicht
ganz vorurteilsfrei behandelt. Man hat zu wenig berücksichtigt, daß sich
die Futtermittelverfälschung meistens an den aus dem Auslande bezogenen
Erzeugnissen zeigte, während sich erfreulicherweise die deutsche Müllerei im
großen ganzen davon freigehalten hat, Ausnahmen immerhin zugegeben.
Ferner aber, und das ist das Hauptbedenken der deutschen Müllerei gegen
die Stellungnahme der Landwirtschaft auf diesem Gebiete, haben die land—
wirtschaftlichen Versuchsstationen bei Prüfung der ihnen vorliegenden
Futtermittel häufig einen Standpunkt eingenommen, der sich nicht recht—
fertigen läßt, wenn man die Interessen der Müllerei und des Handels
denen der Landwirtschaft gleichstellt. Um so bedenklicher ist es hierbei,
daß die Untersuchungsergebnisse bei den landwirtschaftlichen Untersuchungs—
stationen so oft und so weit von einander abweichen.
Insbesondere muß man es als verfehlt bezeichnen, daß den Maßstab
für die Beurteilung dieser Sache die Zahl der von den landwirtschaft—
lichen Versuchsstationen gefundenen Verfälschungen bilden soll; denn dabei
vergißt man nur zu oft, daß diesen Stationen wohl immer nur die—
jenigen Erzeugnisse vorgelegt werden, die, wie man im Strafprozeß sagt,
schon „hinreichend verdächtig“ sind. Bei solcher Art der Prüfung muß
natürlich die Zahl der Fälschungen ungeheuerlich erscheinen, indem die
Zahl der nicht zu beanstandenden Erzeugnisse überhaupt nicht in die Er—
scheinung tritt.
Um aber Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich die Bemerkung
nicht unterdrücken, daß die Müllerei durchaus das Bestreben haben muß
und auch hat, auf diesem Gebiet nicht gegen, sondern mit der Landwirt—
schaft Hand in Hand vorzugehen, was uns allerdings nicht abhalten darf,
in erster Linie die Interessen der deutschen Müllerei zu wahren. Wenn
sich damit ein Schutz der landwirtschaftlichen Interessen verbinden läßt:
um so besser. Aber die Landwirtschaft ist uns Müllern insofern schon
längst ein bedeutendes Stück voraus, als sie Versuchsstationen besaß und
besißt und sich dadurch einen sehr wirkungsvollen Schutz schuf.