Inhaltsverzeichnis: Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit

schlungenem Rankenwerk gekrönt ist. Aus diesem wachsen in der Mitte 
Säulen hervor, eine schöne Krönung der Maria tragend. Diese um— 
geben dünne Säulchen und Streben, die sich zu einem Baldachin ver— 
einen. Von hier steigt der turmartige Bau, in dem man Christus mit 
der Dornenkrone erblickt, bis zur Wölbung der Decke. Uber der 
vorderen Thüre des Gehäuses sind zwei Engel angebracht; der eine 
hält das Tuch der Veronika, von dem andern weiß man nicht mehr, 
was er in den Händen hielt. Die Behauptung, Kraffts Kunstweise 
ließe sich in dem Tabernakel erkennen, rechtfertigen die noch vorhandenen 
Engel) mit Marterwerkzeugen über dem Kranze, welchen der Meister 
dieselbe schöne geschwungene Haltung, Gewandung und freie Bewegung 
und dieselben niedlichen Lockenköpfchen wie am St. Lorenzwerke ge— 
geben hat. Vor allem aber entscheidet die schöne Krönung der Maria 
Tafel V, 5), welche sprechende Ähnlichkeit mit der Rebeckschen in der 
Frauenkirche zeigt (Tafel VIII, 2)1. Maria hat den echten Typus der 
Krafftschen Madonnen. Sie erhebt betend die Hände, indem sie von 
Gott Vater und Christus gekrönt wird. Über der Krone schwebt die 
Taube; zwei schwebende Engel breiten hinter der Gruppe ein Ge— 
wand aus. 
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In den mächtigen gotischen Gewölben des Ulmer Münsters?), das 
Jahrhunderte hindurch schlafend wie eine verfallene Grabruine dalag, 
endlich aber um die Mitte unseres Jahrhunderts aus seinem Schlafe auf—⸗ 
gerüttelt wurde und heute als höchster Dom der Welt 9 an die Vergangen— 
heit einer einst reichen und mächtigen mittelalterlichen Reichsstadt erinnert; 
lehnt am Pfeiler links vom Bogen, der das Schiff vom Chor trennt, 
ein turmartiges Sakramentshäuschen“), das fast um die Hälfte größer 
) Ein Engel, der entwendet war, wurde von der Mayerschen Kunsthandlung 
in Wien wieder zugeschickt. 
2) 13837 wurde vom Bürgermeister Ludwig Krafft der Grundstein zum Bau 
gelegt (Pressel, Umm und sein Münster). 
) Der Turm ist 161 m, die des Kölner Domes sind 156 m hoch, die Kuppel 
des St. Peter Domes erreicht eine Höhe von 188,7 m. 
) Die Chronik Ulms giebt 1469 als Vollendungsjahr an. Haßler beweist 
durch eine aufgefundene Rechnung (es ist leider nicht angegeben, wo befindlich), 
daß schon im Jahre 1461 eine Stiftung zu dem Sakramentshäuschen gemacht 
wurde. Darin ist angegeben, daß am Montag vor Georg a. LXI Frau Engel 
Zähringerin dem Hans Nythart und Hans Hütz 11 Gulden für das beabsichtigte 
Sakramentshaus bringt. Hans Nythart läßt mit Andeutung der Frau das 
Geld zunächst anlegen, um Zinsen zu gewinnen, indem er dafür Ochsen und
	        
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