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Verfasser einer in den. „Frankfurter gelehrten Anzeigen“ vom
Jahre 1772 erschienenen Rezension ist, die Küttners Ilias-Übersetzung
nicht besonders günstig behandelt und dem Übersetzer das Studium
der Sprache des 16. Jahrhunderts empfiehlt: „Er würde selbst im
Hans Sachs Construktionen und Wörter finden, die in einem
deutschen Homer an ihrem Ort stünden“.!- Wir denken dabei an
eine Äußerung des Christian Thomasius zurück (oben S. 128). Als
Verfasser möchte ich in diesem Falle mit Woldemar v. Biedermann?
Goethe annehmen, bei dem Straßburger Einfluß nachgewirkt hat. Herder
äußert sich 1778 ungünstig über den Meistergesang und spricht
noch 1780 vom „berüchtigten Hans Sachs“. 1793 klingt sein Urteil
freilich anders.
Der günstige Ton, auf den die Äußerung in den „Frankfurter
gelehrten Anzeigen“ gestimmt ist, klingt in überraschender Ähnlichkeit
im selben Jahre 1772 bei einem Ausläufer der Gottschedschen
Richtung, dem Professor der Mathematik in Göttingen und witzigen
Epigrammatiker Abraham Gotthelf Kästner an. Kästner kannte Werke
Hans Sachsens, er hat sich offenbar durch den frischen Humor, der in
die Werke des Meistersängers reichlich eingestreut ist, stark ange-
zogen gefühlt und den Genuß, den er daraus schöpfte, wieder mit
Humor bezahlt. So führt er z. B. einmal zur Erklärung einer Redens-
art Verse aus Hans Sachs an und bemerkt dazu, indem er bei
seinen Zeitgenossen eine sehr naive Kenntnis des Hans Sachs vor-
aussetzt: „Es wird bekannt seyn, daß Hanns Sachs ein Schuhmacher
in Nürnberg gewesen ist, und nicht etwa ein alter wohlmeynender
Professor auf einer Universität.“ Während Kästner in dieser Äuße-
rung mit feinem ‚Spott die Unkenntnis des großen Publikums .in
der Hans-Sachs-Frage trifft, hat er wieder in einem anderen Falle
den Meistersänger gegen das moderne Poetentum ausgespielt. Er
1 Vgl. Deutsche Litteraturdenkmale des 18, Jahrh., 7 u. 8, Heilbronn,
1883, S. 342 und die Einleitung von W. Scherer, SS, LXXXI1. W. Scherer
und B. Seuffert vermuteten Herder als Verfasser. Vielleicht hat Karl
August Küttner (Goedeke, Grundr, 4?, 103 schreibt Kütner) dieser Auffor-
derung Folge geleistet. Seine „Charaktere teutscher Dichter und Prosaisten“
— sie erschienen ohne Verfasserangabe — bringen (1. Bd., Berlin, 1781.
S. 81—84) eine sehr günstige und treffende Charakterisierung Hans Sachsens.
2 Goethe-Forschungen, Frankfurt, 1879, S. 345.
3 Vgl. E. Goetze, Der gedruckte Text des Hans Sachs, im Archiv
für Literaturgeschichte. he. von Schnorr, 8 (1879). S. 301—302.