fullscreen: Wilhelm Durandus: Rationale, dt. (1. Teil) – Nürnberg, STN, Cent. IV, 80

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Gründe? Meinen Sie wirklich, Sie könnten die 
ganze Grundlage meiner Moral mit Worten über 
den Haufen werfen?“ 
„Ihr Urteil?“ 
„Ja. Ich habe solche Männer, die so leichten 
Herzens ihre Gunst verschenkten — Sie sehen, ich 
ehme mir Ihre graziöse Ausdrucksweise an —, 
teis als Schwächlinge und moralisch Defekte be— 
frachtet.“ 
„Herr Rottmann!“ Haßner fuhr auf, beleidigt 
und getroffen in seinem Stolz. 
„Ja! Denn Euch treibt keine große Leidenschaft, 
kuch treibt nicht eine zwingende Liebe! Euch fehlt 
aur die Kraft, Eure Begierden zu zügeln, Euch 
fehlt die Selbsterziehung, die wahre Männlichkeit! 
hätten Sie dies Mädchen geliebt, ständen Sie vor 
mir als Beichtiger einer tollen Leidenschaft, die 
überwunden isi, dann würde sich nicht meine Liebe 
und Achtung von Ihnen wenden. Aber so stehen 
Zie vor mir, pochend auf ein Mannesrecht, das ich 
keinem Mann zuerkenne. Nein, wir verstehen uns 
nicht. Wir gehen immer weiter voneinander.“ 
Haßner blickte den Eifernden stumm an. Auch 
er fühlte plötzlich die gewaltige Verschiedenheit ihrer 
Anschauungen. Niemals auf dem Rathaus war 
ihm Rottmann so deutlich geworden in seiner Er— 
scheinung wie jetzt. Er wollte erwidern, ruhig wie 
er jetzt geworden. Er fühlte sich nicht schuldig, 
nein, und Anne würde denken lernen wie er. 
Da öffnete sfich die Tür und Anne kam herein. 
Ihr Gesicht war entstellt von den heißen 
Tränen. Aber sie war sorgfältig angekleidet und 
frifiert. Und der Zwang, dessen sie dazu bedurft
	        
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