Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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falls die gewünschte Zahl von Subskribenten nicht zustande käme, 
einen Auszug aus Hans Sachsens Werken zu veranstalten, und fährt 
fort: „Ueberhaupt gestehe ich Ihnen — und Herr Lessing, mit dem 
ich neulich darüber redete, war völlig meiner Meinung —, daß 
solch ein Auszug mir nicht blos des Publikums wegen, sondern auch 
selbst im Rücksicht auf den innern Wert der so äußerst ungleichen 
Sachs: schen Gedichte weit ratsamer scheint, als eine Ausgabe seiner 
sämmtlichen Werke.“ Gleim hatte sich schon in einem Briefe vom 
29. März 1778 dieser Anschauung zugeneigt. Der vorsichtige Bürger, 
Jer für das Zustandekommen des Unternehmens fürchtet, hat sich 
drei Folianten mit Hans Sachsens Werken bei einer Versteigerung 
erstehen lassen und schließt an die Meldung davon den bitteren 
Ausruf (5. Oktober 1778): „Ja, Teutschland! Es 1äßt sich viel 
Stattliches in Oden und Bardengesängen davon dichten; aber vor 
Gericht beschwöre es der Henker!“! Man fühlt sich bei diesen 
Worten leicht an die Ernüchterung erinnert, die Pfeffel eben damals 
seiner Muse zuteil werden ließ. Sie hat sich dem Bacchus ergeben, 
den Rabenstein mit seinen Insassen beschworen, und als diese nicht 
zleich zur Stelle waren, 
„Da griff sie nach Hanns Sachsens Leyer 
Und heulte weichen Minne-Sang, 
Den Bogen voll um einen Dreyer.“ ® 
Dann stürzt sie sich in das Genie- und Bardentum, aber endlich 
kommt doch die Ernüchterung. Hans Sachs ist also auch hier in 
den Bereich begeisternden poetischen Rausches verwiesen, der nicht 
von Dauer Ist. 
Die Erwartung Bertuchs ging nicht in Erfüllung, die 500 Sub- 
skribenten für die geplante Hans-Sachs-Ausgabe fanden sich nicht 
and der wiederholt gegebenen Anregung, eine bloße Auswahl zu 
veranstalten, schenkte Bertuch keine Beachtung.* Noch einmal aber 
im Jahre 1778 tritt in Weimar Hans Sachs in den Vordergrund, 
am 11. Dezemher hbringt Goethe das „Narrenschneiden“ zur Auf- 
1 Vom Fels zum Meer 1. Bd.. 1882—84, S. 170. Feldmann, 
Bertuch, 5S. 15. 
? Musen-Almanach. Göttingen, 1778, S. 123. Herausgeber war Goekingk. 
8 Als später einmal Heinrich Meyer eine Karikatur auf Bertuchs Viel- 
geschäftigkeit entwarf, blies Mercur aus seiner Posaune u. a. einen Streifen mit 
der Aufsehrift „Hans Sachs“ hervor. (Vgl. Goethe-Tahrhuch 4 (1883). S. 209%.
	        
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