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1.. Die Festtage 4—
„Sachs aber wurde gesagt, für solches Büchlein die Reime
zu machen, sei seines Amtes nicht und gezieme ihm auch nicht;
er solle seines Handwerks und Schuhmachens warten und sich
auch enthalten, einige Büchlein oder Reime hinfüro ausgehn
zu lassen, sonst werde er nach seiner Notdurft gegen ihn handeln,
für diesmal wolle er die Strafe noch zurückhalten, „doch mit
der offenen Hand, die nach ihrer Gelegenheit fürzunehmen.“
Damit war nicht zu spaßen, und Hans Sachs zog sich auf eine
Weile, hierdurch empfindlich gekränkt, von der HÖpffentlichkeit
zurück. Die Büchlein fanden keine Verbreitung; der Drucker
Hans Guldenmund mußte sämtliche Exemplare, sowie die Formen
zu den Holzschnitten aufs Rathaus ausliefern, wie der Rat
auch die auf der Frankfurter Messe feilgebotenen Exemplare
ankaufen und „abthun“ ließ.
Aber einem Hans Sachs, dessen Schicksal hier Ähnlichkeit
mit dem Schillers hat, das Dichten zu verbieten, konnte ebenso
wenig von Erfolg sein, als wenn man der Lerche oder Nachtigall
das Singen wehren wollte. Den Fortgang der Reformation
verfolgte er aufs genaueste; dichtete geistliche Lieder und Psalmen
für den inzwischen eingeführten deutschen Kirchengesang, eiferte
gegen mangelnde Sittlichkeit und unkirchliches Wesen, gegen
Aberglauben und Unduldsamkeit bei den Anhängern Luthers,
kurz, er war ein tapferer Mitstreiter der Reformatoren und
ein Hüter und Wächter der neuen Lehre. Tief bewegte ihn
darum die Nachricht von dem Tode des Hauptes der Reformation
1546), und in seinem Epitaphium läßt er die „Theologia in
schneeweißem Gewande“ hintreten:
zu Luthers Totenbahr'
Die wand' ihr Händ' und rauft' ihr Haar,
Gar kläglich mit Weinen durchbrach,
Mit Seufzen sie aufing und sprach:
O du treuer und kühner Held,
Von Gott dem Herrn selbst auserwählt,
Für mich so ritterlich zu kämpfen,
Mit Gottes Wort die Feind' zu dämpfen.“