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Begabung demnach nur in dem einen Bande,
der als Sauptwerk fuͤglich einer eingehenden
und ernsten Betrachtung unterzogen worden ist.
Wie es nicht selten dem bildenden KRuͤnstler er—
geht, dessen erstes Werk angestaunt und ge⸗
priesen durch die Lande zieht, truͤgerische Hoff—
nungen fuͤr die Zukunft erweckend, Hoffnungen,
die sich nicht erfuͤllen koͤnnen, erfuͤllen wollen, ist
es der Dichterin beschieden gewesen. Auch darum
waren ihr Name und ihre Werke so bald ver—
gessen. Mit Unrecht. Denn ihre Sonette sind es
wert, von dem Staube befreit zu werden, der
sie mehr als zwei Jahrhunderte deckt. Durch
die Beschaͤftigung mit ihnen wird uns gleichzeitig
ihre Verfasserin vertraut. Und wenn wir an ihr is
in Anerkennung ihrer hohen, wissenschaftlichen
Bildung diejenigen Vorzuͤge bewundern, die der
Italiener der Renaissance in dem stolzen Wort
„uomo universale“ vereinigte, duͤrfen wir nach
der genauen Betrachtung ihres Lebens und ihrer ⸗0
Dichtung jedenfalls das eine ruͤhmend behaupten:
sie war eine echte deutsche Frau.