Dr. Heidenreich und Dr. Horlacher.
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Schleier birgt dieses Menschen Verhängnis.“ In demselben Pathos
heißt es: „Nach tiefem Gefühle und Ausspruche der allermeisten,
die Hauser früher und näher kannten, ist ein Selbstmord (der auch
nicht beabsichtigt war!) mit dem Charakter dieses Menschen voll—
kommen unverträglich.“ Aus den kleinen Lungen und der großen
Leber schließt auch er auf Hausers „Einkerkerung in einem dumpfen
Loche“. Auch daraus, daß „das Hirn im ganzen von nicht beson—
ders feiner und zarter Struktur und Konstruktion zu sein“ schien.
Also, das ungeübte, oder zu spät geübte Gehirn war rückständig ge—
blieben. Heidenreich proklamiert denn auch das „Naturgesetz, daß
jedes Organ und Gebilde, das ungeübt und unbenutzt bleibt, den
pollständigen Grad seiner möglichen Vollkommenheit nicht erreicht,
oder von demselben zurücksinkt und verkümmert wird.“ Schön!
Wie verhielt sich denn nun Hausers ganz normaler gut gebildeter
Körper ohne irgend welche Verkrüppelung zu der lebenslänglichen
Einsperrung? Denn sogar die von Dr. Osterhausen früher erträumte
anormale Form der Kniekehle (ein fingierter Beweis für Kaspars
Märchen) wird von Heidenreich abgewiesen: „Die Kniekehle war
allerdings etwas weniger ausgehöhlt, platter aufliegend, als sie in
der Regel gefunden wird. Wenn man aber annimmt, daß Gesäß—
und Wadenmuskeln durch das Liegen des Leichnams auf dem Brette
ebenfalls etwas platter gedrückt waren, so erschien auch hier nichts
Ausgezeichnetes.“
Dr. Horlacher erklärte bei seiner Vernehmung am 6. Januar
für „wahrscheinlicher, daß Kaspars Verwundung eher durch
eigene, als durch fremde Hand beigebracht worden ist.“ Vor
seinem Gutachten (7. März 1834) studierte er fünf Bände Unter—
suchungsakten und die Schriften von Daumer, Feuerbach, Merker
und v. Pirch. Sehr bedeutungsvoll erschienen ihm die Verheim—
lichung des Ganges in den Hofgarten und Hausers wichtigste Auße⸗
rungen vor seinem Verscheiden. Wir erfahren hier, daß Herrn Pfarrer
Fuhrmann Hausers Antwort auf die Frage, ob er etwa über die an
ihm verübte Mordthat etwas Drückendes auf dem Herzen oder Groll
gegen jemand habe: „Warum soll ich Zorn, oder Haß, oder Groll
auf die Menschen haben, man hat mir ja nichts gethan?“ — äußerst