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Sir Kaspar Hauser.
Tone und dem Benehmen eines Betrunkenen, nach der Wohnung
jemandes, indem er mir ganz nahe auf den Leib rückte und, da ich,
hierdurch scheu gemacht, vor ihm zurückwich, mir auf eine sehr ver—
dächtige Weise nachrückte, wobei er die rechte Hand versteckt hielt, auch
besonders mit der rechten Seite sich mir zu nähern trachtete. Ein
in die Gasse tretender Bürger scheint ihn verscheucht zu haben.“
Schon wieder ein fürchterliches Attentat! Es war offenbar, der
Stümperei im Meuchelmorden und der Statur nach, der schwarze
Mann, dem Dialekte nach aber der Teérémtete-Kerl.
14) „Es ist denkbar, daß Stanhope nicht in seinem eigenen
Interesse, sondern befreundeten und verwandten Personen zuliebe
gehandelt habe, die denn als die eigentlichen, urfsprüng—
lichen Verbrecher zu betrachten wären. Man wird dies viel—
leicht nicht für die wahrscheinlichste der hier möglichen Ansichten
halten; ich habe jedoch mit diesem Zusatze eine Pflicht der Milde und
Schonung () erfüllt, von der ich mich selbst einer so verdachtvollen
und unheimlichen Erscheinung gegenüber nicht entbinden zu dürfen
glaubte.“ Diese verächtliche Heuchelei bildet den würdigen Schluß
einer Schandschrift, welche die Elementargebote des Christentums
mit Füßen tritt. Und mit dieser Verlästerung unbescholtener Leute
vergleiche man die Blasphemieen zur Verherrlichung Kaspars.
„Ich finde in meinen Papieren einige Außerungen des ehemaligen
Gefängniswärters Hiltel in Nürnberg bewahrt . . . Hausers Un—
schuld sei ihm so gewiß, daß er sie würde bezeugen müssen, wenn
Gott selbst das Gegenteil behauptete. Als der Mann
so sprach, ward er vor Eifer ganz rot im Gesichte.“ — „Als
Hauser in die Welt trat, war seine Seele der Spiegel und Abglanz
einer himmlischen Güte, Reinheit und Unschuld, wie sonst noch
kein Beispiel vorgekommen)oder bekannt geworden war
1) Die Vergötterung wird so hartnäckig durchgesetzt, daß Kaspars Notlügen
als Offenbarungen gelten. Über die bekannte Tagebuchgeschichte heißt es: „So ist
die Welt durch Stanhopes und Hickels gewaltsames Einschreiten um ein sehr wich—
tiges Tokument gekommen; denn wie interessant und lichtgebend — würde wohl
jetzt dies Tagebuch sein!“ Die arme beraubte Welt muß sich nur trösten mit der
Probe. die wir weiter unten (im 22 Kapitel) mitteilen werden.