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mich willkommen heißen! Geradeswegs zu ihr, zu —
meiner Mutter!
Leonor' (verzückt in Bewunderung): Zur Königin! Zu
deiner Mutter — der Königin!
Kaspar: Auf dem Platz, den sie mir weist, der von
Tausenden mir angeboten wird, der von rechtswegen mir
gebührt!
Leonor': Auf den Thron, der dir gebührt!
Kaspar: Nein, nur fragen will ich sie vorerst, ob sie
mich erkennt, als den Sohn, der ihr genommen wurde,
anerkennt. Ich will hintreten vor sie und ihren Hofstaat
und zu ihr sprechen: „Hier bin ich, von dem du gehört
hast und den du zu sehen wünschst! Schau' mich an und
forsche in dir, ob du fühlst, daß ich dein Kind bin, ob
du's vor aller Welt beschwören kannst!“
Leonor': Vor deinem Bilde schon hat sie das erklärt.
Kaspar: Und wenn sie dabei bleibt, darf ich sie
dann Lügen strafen? Dann ist es mein gott⸗verliehenes
Recht, die Krone zu erzwingen, die man mir vorenthält.
Dann sollen auch meine Feinde bekennen, daß es niemals
einen Prinzen gab, der sich auf den Thron würdiger vor—
bereitet. Und hab' ich ihn erst errungen — hab' ich ihn!
— werd' ich alltäglich wieder hinabsteigen zum Geringsten
meines Volkes und werde nicht ruhen, bis ich sie alle durch
und durch verstehe und jeden Einzelnen zum Herzensfreund
gewonnen habe.
Leonor': Wie herrlich — wie stolz und glücklich mußt
du dabei werden! Wie müssen die großen Herren dich
umdrängen und dich feiern! — Dann brauchst du freilich