II. Die Festtage —
Und mild die Luft, obgleich das Jahr
zum Abschied schon gerüstet war.
In Mainz, so war mir, hielt ich Rast
Das schien mir ausgewechselt fast:
Sonst lebensfroh — in Herzeleid
Traf ich die Stadt zur selben Zeit
In Trauergugel Maunn und Weib,
Und wie im Menschenstrom ich treib
Drängt uns ein Leichenzug zur Seit'.
Viel Frauen gaben das Geleit,
Mit Palmen schritten längs dem Schrein
Zwölf wunderschöne Jungfräulein;
Der tote Mann, der drinnen lag
Gebettet wie im Rosenhag,
Der um Frau Minne Blumen wob,
Er war es, Meister Frauenlob.
Des Meistersanges Edelreis,
Dem Kaiser Otto lieh den Preis,
Der Wildling, der erst frisch gelaubt,
War seines schönsten Schmucks beraubt
Als ich voll Schmerz mich abgewandt
Ergriff ein Engel meine Hand,
Von dannen ging es meilenweit
Und vor uns her entfloh die Zeit
In Nürenberg vor einem Haus
Auf einer Steinbank ruht ich aus.
Wie ich zum Fenster schau' hinein
In einer Wiege schmuck und fein
Ein Knäblein lag in süßer Ruh',
Mir schien, es höre eifrig zu—
Er hatte zirkelrund um sich
Neun Weiblein, zart und adelig*:
Die hatten Macht ihn zu begaben
Mit allem Schönen, was sie haben,
Zu Straf' dem Laster, Lob der Tugend,
Jur Lehr' dem Alter und der Jugend.
Er hat es freilich erst erfahren,
In Wels mit seinen neunzehn Jahren**
*Aus Hans Sachs, Gespräch, die neun Gab Muse oder Kunstgöttin betr.
**) Den Traum von dem Besuch der neun Musen hat Sachs in das Jahr 1513
verlegt, wo er in Wels sich auf der Wanderschaft befand