Volltext: Kaiser Wilhelm der Erste

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Vom Kaminkehrergewerbe wurde das Arbeitsamt nur wenig in Anspruch genommen, was sich 
daraus erklärt, daß zur Zeit Veränderungen in den Arbeitsverhältnissen nur selten stattfinden. 19 
Stellengesuchen stehen 2 auswärtige Stellenangebote und Stellenbesetzungen gegenüber. 
Im graphischen Gewerbe trafen im April 1926 auf 247 Neuzugänge an Arbeit— 
suchenden nur 60 Vermittlungen. Dieses Verhältnis besserte sich jedoch im Laufe des Berichtsjahres 
ständig, so daß im März 1927 die Zahl der Vermittlungen, nämlich 144, die der Zugänge, nämlich 129, 
überstieg. Die Gesamtzahl der Arbeitsuchenden blieb mit 2253 gegen das Vorjahr mit 2510 zurück, 
die der offenen Stellen mit 1297 gegenüber 1289 gleich, während die Vermittlungen mit 1236 die des 
vergangenen Jahres mit 1171 überholten. Den Hauptanteil an der Geschäftsbelebung hat das Buch— 
druckergewerbe zu verzeichnen, erst in größerem Abstand folgen Steindrucker und Buchbinder. In der 
Kartonnagen-Industrie wurden fast durchwegs nur ganz junge weibliche Arbeitskräfte verlangt, 
während ältere Arbeiterinnen nur ausnahmsweise Beschäftigung finden. 
Wenig verändert im Vergleich zum Vorjahr hat sich im allgemeinen die Lage im Hotel— 
und Wirtschaftsgewerbe. Es waren 4674 männliche und 3303 weibliche Arbeitsuchende ge— 
meldet, ferner 4076 offene Stellen für Männer und 2861 für Frauen. Die Zahl der Vermittlungen 
betrug für Männer 4009, für Frauen 2469, davon nach auswärts 383 bzw. 513. Der Rückgang der 
Vermittlungen von weiblichem Bedienungspersonal gegenüber dem Vorjahr ist darauf zurückzuführen, 
daß infolge der anhaltenden schlechten Witterung im Frühjahr 1926 die Saisonaufträge für Kellne— 
rinnen und Zimmermädchen ziemlich spärlich einliefen. Das Zusammenarbeiten mit auswärtigen 
Arbeitsämtern hat sich wiederum sehr gut bewährt. Auch haben die Arbeitgeber der nordbayerischen 
Badeorte wieder ein gut Teil ihrer offenen Stellen bei der Fachabteilung zur Anmeldung gebracht. 
Im Transport-und Handelsgewerbe war die Beschäftigungsmöglichkeit haupt— 
sächlich in der ersten Jahreshälfte sehr gering. Die Betroffenen waren zumeist ältere Leute mit lang— 
jähriger Tätigkeit, die unter den gegenwärtigen Verhältnissen für den freien Arbeitsmarkt kaum mehr 
in Frage kommen und die Zahl der Notstandsarbeiter noch vergrößern. Dagegen bestand immer Nach— 
frage nach jüngeren kräftigen Leuten in der Holzindustrie, im Kohlen- und Eisenhandel. Nicht un— 
günstig war das Stellenangebot auch für jüngere Packer und Ausgeher. In der Regel wurden Leute 
von 1820 Jahren mit Branchekenntnissen und entsprechenden Zeugnissen angefordert. Die älteren 
Leute streben gewöhnlich Posten als Bureaudiener, Magaziner, Pförtner, Lager- und Magazins— 
arbeiter, Wächter, Einkassierer oder Hausmeister an. Von Zeit zu Zeit finden Erwerbslose als Be— 
darfschaffner oder als Streckenarbeiter bei der Straßenbahn oder bei der Reichsbahn Beschäftigung. 
Im ganzen lagen 3606 Arbeitsgesuche vor, gegenüber 1034 offenen Stellen. von denen 1004 besetzt 
werden konnten. 
Etwa das gleiche Bild weist die Abteilung für ungelernte Arbeiter auf. Der größere 
Teil der insgesamt 32 868 Arbeitsuchenden stammt aus Entlassungen von Bau- und Außenarbeitern 
aller Art und aus Industriearbeitern. 
Bei den jugendlichen Hilfsarbeitern ist in der Berichtszeit die Zahl der Arbeitsuchenden ge— 
sunken, auch die der offenen Stellen erheblich zurückgegangen. Wie im Vorjahr, wurden hauptsächlich 
wieder junge Leute unter 16 Jahren verlangt, die nicht immer in der benötigten Zahl vorhanden 
waren. Der Rückgang der Zahl der Arbeitsuchenden ist erfreulicherweise zu einem guten Teil darauf 
zurückzuführen, daß in den Jugendlichen allmählich wieder das Verständnis für den Wert des gelernten 
Berufes erwacht. Im übrigen waren die gemeldeten Jugendlichen selten längere Zeit arbeitslos; es 
gelang meistens sehr rasch, sie wieder in einer geeigneten Arbeitsstelle unterzubringen, oder sie konnten 
fürsorgerischen Maßnahmen zugewiesen werden. Mit dem Berufsamt und Jugendamt wurde wieder 
engste Fühlung gehalten. Dem Berufsamt wurden 216 Jugendliche zur Beratung zugeführt, von 
denen 39 zur Annahme einer Lehrstelle bereit waren. Das Jugendamt brachte eine größere Zahl 
seiner Schützlinge bei Arbeiten in Altenfurth, Mittelbüg und Hürth unter. Insgesamt konnten bei 
1258 Arbeitsuchenden und 997 offenen Stellen 929 Besetzungen, davon 274 Ausbilfsbesetzungen. 
erfolgen. 
Allgemeine wirtschaftliche und soziale Fürsorge 
Für jugendliche Hilfsarbeiterinnen hat sich die Geschäftslage nicht nur ständig gebessert, sondern 
es machte sich im März 1927 sogar ein empfindlicher Mangel an solchen Arbeitskräften bemerkbar. Im 
Benehmen mit dem Jugendamt wurden in der Zeit der großen Arbeitslosigkeit 269 Mädchen unter
	        
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