Volltext: Alt-Nürnberg

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denken, etwa die städtefeindlichen Edikte Kaiser Friedrich II. zu er— 
neuern und die Städte in ihrer inneren Entwicklung zu stören. 
Aber wie die Städte als solche nach außen, unter und gegenüber 
den anderen Bestandteilen und Kräften des Reichskörpers empor— 
gekommen waren, so mußten nach den naturnotwendigen Gesetzen der 
Entwicklung auch innerhalb der Städte die einzelnen Schichten der 
Bevölkerung auf eine ihren Fähigkeiten und Mitteln entsprechende 
Stufe emporsteigen. 
Die Spitze der Gemeinde bildeten in den größeren Reichsstädten, 
in welchen der Betrieb der Landwirtschaft hinter Handel und Gewerbe 
zurückgetreten war, die alteingesessenen Grundbesitzer, welche wie die 
vom Lande zugezogenen, von ihren auswärtigen Ländereien lebenden 
Gutsbesitzer sich großenteils dem Großhandel zuwandten, und neben 
hnen die kaiserlichen Beamten (Ministeriale), welche, nachdem die 
von ihnen in des Kaisers Namen geleiteten Verwaltungszweige nach 
und nach an die Stadt übergegangen waren, in den Dienst der Stadt 
traten. Jene altfreien Grundbesitzer waren der Kern der Gemeinde, 
sie besetzten das Schöffengericht und bildeten den Rat; ja sie waren 
eigentlich allein die „Bürger“ (burgenses) und konnten sich bis zu 
der Zeit, da die Zunftunruhen ausbrachen, als die „Bürgerschaft“ 
schlechthin betrachten. Aus ihnen entwickelte sich das Patriziat, dessen 
Zugehörige sich vermöge ihrer Geburt als ausschließlich zur Leitung, 
d. h. Beherrschung der Gemeinde berechtigt ansahen. Die Bezeich— 
nung jener altfreien Familien mit dem Namen „Patriziat“ ist aber 
erst später, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, in der Zeit der 
Renaissance, aufgekommen; bis dahin hießen sie, als den Zünften 
Anteil am Stadtregiment eingeräumt werden mußte und die Hand— 
werker also auch „Bürger“ wurden, die „Geschlechter.“ 
Es kam aber die Zeit, da den Geschlechtern die ausschließliche 
Herrschaft in der Gemeinde bestritten wurde. Längst schon hatten 
die Handwerker in der freimachenden Luft der Städte die vom Land 
mit hereingebrachten Fesseln der Hörigkeit abgestreift; ihre Zünfte 
hatten trotz aller kaiserlichen Verbote fast überall feste Wurzeln 
gefaßt; mit der zunehmenden Kunstfertigkeit der einzelnen Gewerke 
und durch die gewinnvollere Verwertung ihrer Erzeugnisse, welche 
der größere Luxus der „Herren“ möglich gemacht hatte, mußte auch 
ihr Wohlstand steigen; ihre Arme waren bei Abwehr der Feinde so 
wertvoll, als die der vornehmsten Bürger und war ihr Beitrag zu 
dem städtischen „Ungeld“ etwa weniger wichtig, als der der Kaufleute? 
Und war es bei so gestalteten Umständen nicht natürlich, daß die 
Handwerker nach größerer Geltung in der Gemeinde strebten und 
ihren Anteil am Stadtregiment beanspruchten?
	        
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