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„Nun Lernte id meinen Herrn täglich beffer Fennen, das
Herz war fo wach und lebendig, aber auch fo weich geworden,
baß e& mir Sfters bei den Sffentlichen Borträgen über meinen ges
Freuzigten Heiland mit Ihranen der Liebe und der Freude Über:
wallte; und ich fchämte mich diefer Thränen nicht.“ — €
war die füße Zeit der erften Liebe,
Noch aber fchwankten die Glieder, gleich wie bei Einem,
der aus dem wankenden Schiffe aus dem bewegten Meere end
lich, nachdem er den ficheren Hafen gefunden, heraustritt ans
fefte Land und nun darauf gehen will, die Schritte unficher
find und fchwankend. Denn er ift noch des Fünftlich angeftreng=
ten Sehens im fchwebenden Schiffe gewohnt, und des Leichten
und natürlichen Sehens auf feftem Boden entwöhnt. Das
Herz war noch nicht feft und ficher auf feinem Wege, fondern
gleitete Sfters, zur Nechten und zur Linken.
„Da half nun wieder der Herr. Eines Males rührte mich
die Predigt des göttlichen Wortes fo ganz durch und durch, daß
25 vollends zum Brechen der lebten Eisrinde Fam. In einer
Mittagsvesper bei St. Jacob fprad) Hr. Pred. NMehberger
über Pfalnı 45, VB. 11 und 12:
un Dre Tochter, fchaue darauf und neige deine Ohren.
Bergiß deines Volkes und deines Vaters Haufes, fo wird der
König Luft an deiner Schöne haben, denn Er ift dein Herr,
und du follft Ihn anbeten. #4
„Da hieß e8 denn in mir, nach vielen ernften Thranen:
rein ab und Chrifto an, ganz um ganz; Ich flehete aus tiefem
Herzen um redliche felte Treue, und ich wurde erhört. “
Sobald nur der Menfch fein eigentlidhes Berhältnif zu dem
in Chrifto offenbarten Sott durch die lebendige That felbft ers
fahren und erkannt hat, fich als Kranken, Ion als Arzt: dann
ift der Punkt gefunden, wo Noth und Hülfe, wo Menfch und
Bott fich begegnen.
Lieber Menfch, nicht die Hand, nicht der Fuß, nicht die
Stirn, noch das Ohr, Fönnen das Licht fehen und merken, fon: