Freund und liebe jeden, der Menschenantlitz trägt. Bald bin
ich übermässig‘ freudig, so dass ich ausgelassen bin, und ein
läppisches Kind zu sein scheine, bald übermässig traurig. Ich
kann dann kein Wort hervorbringen und auch nicht den leich-
testen Gedanken denken. Still vor mich hingebückt sitze ıch
oft stumm und gedankenlos mitten in dem Freudengetümmel
meiner vertrautesten Freunde. Der Uebergang von der ausge-
Jassensten Freude zu der schrecklichsten Traurigkeit. und von
dieser zu jener ist oft so schnell, dass ich in dieser Minute
einem. Bacchanten und in jener einem Anachoreten gleiche.
Der einzige Grund hievon liegt in meinem Ideal. Kann
ich meine Gedanken von diesem losreissen, so bin ich äusserst
vergnügt, aber auch nur der flüchtigste Blick, den ich darauf
werfe, führt eine so grosse Menge von unangenehmen Vor-
stellungen mit sich, dass mich sogleich die grösste Traurig:
keit überfällt. Blickt aber durch das Dunkel meiner Melan-
cholie auch nur ein kleiner Strahl von Hoffnung, dass ich mein
Ideal und durch Erreichung desselben die Unsterblichkeit er-
langen kann, so werde ich sogleich wieder aus meinem Schlum
mer geweckt, die Phantasie malt meine Hoffnung mit den
schönsten Farben aus, erhebt den Wunsch zur Wirklichkeit
und lässt mich schon im voraus die Freuden geniessen, die
ich dereinst in der Zukunft geniessen zu können glaube. Die
Augenblicke, wo ich mir selbst überlassen bin und dann in
den Regionen meiner ehrgeizigen Träume herumschwärme,
sind die seligsten Augenblicke, die ich geniessen kann. Stun-
denlang kann ich herumgehen und mich an den Bildern meiner
Hoffnung ergötzen. Ich denke mir dann, wie ich ın der Welt
gerühmt, von der Nachwelt als Beförderer der Wissenschaften
gepriesen werde, wie man meine Werke zitiert, meinen Namen
im Munde führt und mir eine ehrenvolle Stelle unter den Wohl-
tätern des Menschengeschlechts und den Männern anweist, die
den menschlichen Geist auf höhere Stufen geführt haben. O,
wie selig, wie unaussprechlich glücklich bin ich dann! — Ich
finde keine Worte, womit ich mein Glück beschreiben könnte.‘