Objekt: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

Freund und liebe jeden, der Menschenantlitz trägt. Bald bin 
ich übermässig‘ freudig, so dass ich ausgelassen bin, und ein 
läppisches Kind zu sein scheine, bald übermässig traurig. Ich 
kann dann kein Wort hervorbringen und auch nicht den leich- 
testen Gedanken denken. Still vor mich hingebückt sitze ıch 
oft stumm und gedankenlos mitten in dem Freudengetümmel 
meiner vertrautesten Freunde. Der Uebergang von der ausge- 
Jassensten Freude zu der schrecklichsten Traurigkeit. und von 
dieser zu jener ist oft so schnell, dass ich in dieser Minute 
einem. Bacchanten und in jener einem Anachoreten gleiche. 
Der einzige Grund hievon liegt in meinem Ideal. Kann 
ich meine Gedanken von diesem losreissen, so bin ich äusserst 
vergnügt, aber auch nur der flüchtigste Blick, den ich darauf 
werfe, führt eine so grosse Menge von unangenehmen Vor- 
stellungen mit sich, dass mich sogleich die grösste Traurig: 
keit überfällt. Blickt aber durch das Dunkel meiner Melan- 
cholie auch nur ein kleiner Strahl von Hoffnung, dass ich mein 
Ideal und durch Erreichung desselben die Unsterblichkeit er- 
langen kann, so werde ich sogleich wieder aus meinem Schlum 
mer geweckt, die Phantasie malt meine Hoffnung mit den 
schönsten Farben aus, erhebt den Wunsch zur Wirklichkeit 
und lässt mich schon im voraus die Freuden geniessen, die 
ich dereinst in der Zukunft geniessen zu können glaube. Die 
Augenblicke, wo ich mir selbst überlassen bin und dann in 
den Regionen meiner ehrgeizigen Träume herumschwärme, 
sind die seligsten Augenblicke, die ich geniessen kann. Stun- 
denlang kann ich herumgehen und mich an den Bildern meiner 
Hoffnung ergötzen. Ich denke mir dann, wie ich ın der Welt 
gerühmt, von der Nachwelt als Beförderer der Wissenschaften 
gepriesen werde, wie man meine Werke zitiert, meinen Namen 
im Munde führt und mir eine ehrenvolle Stelle unter den Wohl- 
tätern des Menschengeschlechts und den Männern anweist, die 
den menschlichen Geist auf höhere Stufen geführt haben. O, 
wie selig, wie unaussprechlich glücklich bin ich dann! — Ich 
finde keine Worte, womit ich mein Glück beschreiben könnte.‘
	        
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