XI
das Diakonissen-Mutterhaus Schülerinnen in die Anstalt ein, welche den
Schwestern beigegeben wurden. Neuerdings erhalten Schwestern und Schülerin:
nen, Diakonenwärter und Lehrlinge in der Anstalt noch theoretischen Unter-
richt, den die Oberärzte ertheilen.
Die Schwestern haben in ihrer Gesammtheit eine Spitze in der vom
Mutterhause im Einverständniss mit dem Stadtmagistrat aufgestellten »Ober-
schwester«, welche für die Schwestern die Vertreterin des Mutterhauses dar
stellt. Dieselbe ist eine im praktischen Krankendienste erfahrene Schwester
welche vom praktischen Pflegedienste vollkommen befreit ist. Die:
selbe steht unter dem ärztlichen Direktor. Die Schwestern unterstehen dienst-
lich dem Direktor, dem Oberarzt und dem betreffenden Gehilfsarzt. In dieser
Hinsicht entstehen Schwierigkeiten nur im Verkehr der Assistenzärzte mit den
Schwestern. Nicht jeder der jungen Herren findet vom Anfang an den richtigen
Takt und Schwestern ohne Temperament taugen nach meiner Erfahrung nicht viel.
Der Oberarzt muss hier fertig werden und wird es — bei uns wenigstens mit ver-
schwindenden Ausnahmen — auch stets, Die jungen Collegen bedenken —
da liegt in den meisten Fällen der Fehler -— nicht immer, dass sie nur vor-
übergehend in der Anstalt weilen, Oberärzte und Pflegeschwestern längere
Zeit! Gerade diese Erwägung zeigt sehr häufig den richtigen Ausgangspunkt
zur Lösung der Differenz, bei der die Rücksicht auf die Galanterie gegen das
weibliche Geschlecht eben so wenig den Ausschlag geben darf, als die unbe-
dingte Anerkennung ärztlicher Hoheit und Autorität.
Was muthen wir nun unseren Pflegeschwestern zu? Die Höchstzahl der
Betten, welche einer Schwester unterstehen, ist auf der chirurgischen 36, auf
der medizinischen Abtheilung 44. Naturgemäss sind diese Betten eigentlich
nie voll belegt, wenn es auch einmal in Zeiten höchster Noth dazu kommt,
dass zu den 44 Betten noch 6 eingeschoben werden müssen. Dann wird
aber auch das Pflegepersonal vermehrt. Jede Schwester hat auf der weib-
lichen Abtheilung eine Schülerin, auf der männlichen einen Diakonen an ihrer
Seite und ausserdem für die grobe Arbeit Hausmägde, die im Hause wohnen.
Da ich nur für Aerzte berichte, so ist es unnöthig, aufzuzählen, welche
Obliegenheiten von den Pflegeschwestern zu leisten sind.
Nur zweier Aufgaben sei besonders gedacht.
Sehr gut bewährt hat sich die Gepflogenheit, die Pflege auf der weib-
üchen syphilitischen Abtheilung Schwestern zu übergeben,
Es ist eine schwere Aufgabe hier zu lösen, doch ist die Lösung der-
selben bei uns gelungen. Die Art, in welcher die Kranken von den Schwestern
behandelt und zur Arbeit herangezogen werden, ist nur anzuerkennen und zu
loben. Die grosse Ordnung, welche in diesem Bau herrscht, hat uns veran-
lasst, die Öberaufsicht im Bau der syphilitischen Männer ebenfalls einer
Schwester zu übergeben,
Derselben unterstehen die zwei weltlichen Wärter (die die eigentlichen
Pflegedienste zu leisten haben) in Bezug auf die Hausordnung. Hier kommt
es allerdings manchmal zu Schwierigkeiten, welche die Schwester mürbe zu