2924 B. Besonderer Teil. V. Verletzungen der Sittlichkeit.
freiwillig in das Lochgefängnis, um der Brutalität des Gatten im
eignen Heim zu entrinnen, und der Rat zwingt sie zur Rückkehr,
da jenes Befugnis zu Milshandlungen unbestreitbar feststeht. Ein-
mal entschliefsen sich die Stadtväter wenigstens dazu, vorerst vom
zärtlichen Eheherrn den Nachweis zu fordern, dafs sie beide
wirklich „nach ordnung der Kirchen eelich eingeleitet seyen“.!)
Ich führe nur noch den erwähnten Erwürgungsversuch mit
dem Schweinsspiels an: Die Frau, meinen entrüstet die Konsulenten,
„were zu solch mordlicher were nicht geschickt‘; wenn sie ihn
erzürnt, er sie ja „mit der feusst oder ein prüggel können
schlagen‘‘.?\
So mangelt es denn in dieser verführungsreichen Zeit auch
nicht an Treubruch, der oft die Veranlassung zu einer noch
schlimmeren Tat bildet.
In den ersten Quellen entdeckt man keinerlei Spuren von
einer Bestrafung des Ehebruchs. Seine Sühnung mochte gleich
der des Totschlags vornehmlich der Familienrache anheimgestellt
sein. 1383 sind zehn Jahre vermerkt „d. d. in einer drey stund
(mal) bey seinem Weib fand‘, sowie der „Trunkenelsen“ zwei
Jahre bei den Ohren zuerkannt, „d. d. sie einer iren Emann nam
and von im niht lassen wolt“.
Als Gegenstück hiezu dient ein Urteil von 1393, wonach ein
Verführer fünf J. erhält „d. d. er einem sein Weib vorhyelt‘.3)
Die zuerst genannte Strafe ähnelt der in den PO. für den Fall
der Abheiratung von Unmündigen ausgesprochenen Ahndung. Fünf
Jahre liest man öfter; so auch 1410 bei einer, die „einem maler
sein eeweib entspene wolt und man auch mainet Sie het in be-
zaubert‘,
Ein Mal wird die Verführerin höher bestraft, als der treulose
Ehemann, da jene eine Fremde ist. Immerhin erscheint in dieser
Epoche — liegt doch 1383 zweimalige Wiederholung vor — die
Ahndung als eine ziemlich bescheidne.*)
Springen wir zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts über,
wo die Gefängnisstrafe die Verweisung zu verdrängen beginnt, so
erbietet sich eine Ehebrecherin 1462 zu drei Tage ‚„pank‘‘. während
’) Rp. 1533, IV, 16; Rp. 1534, II, 208; Haderb. IL 1454—1521, 56.
?ı Rtschlb. VII, 34; s. a. H. Sachs, Keller V, 282.
AB, 816, 18, 1383; 14, 13892; 47.
PO. 27: s. Verführung.