verloren hatte — Gott sei dank, auch heute noch
nicht —, so wiederholte ich auf der Fahrt und noch
als wir zu Hause die Treppe heraufstiegen, nur
immer wieder jenes Trostwort: „Und die Hunden
sind gut,“ — „Gelt, und die Hunden sind guhut?“
„Gelt, Ma—ma—mh, und — die Hun—den —h—
— sind gu—hu—hut!“ — Die jugendlich-falsche Bil—
dung des Plurals wird mir die mildernden Umstände
gegen den Vorwurf übergroßer Aengstlichkeit ja wohl
zuzubilligen vermögen.
An dem Fenster zwischen Nähtisch und Eck—
schränkchen war der Platz, wo mein Vater, während
die Semmeln auskühlten, aus dem selbstgesammelten
Gebetbuch und der Bibel die Morgenandacht hielt.
So auch einst zur Zeit der Weinlese. Er war bis
zum Vater unser gelangt und sprach, wie das oft
geschah, wenn ihn dabei „ein Wasserspucken“ über—
kam, häufig stockend und schluckend zu Ende. Kaum
aber war das geschehen, so sah ich, ehe er noch nach
meiner Mutter gerufen, diese auf ihn zueilen,
ihn unter dem Arm fassen und der Schlafzimmertür
zuführen, wobei er selbst sich immer mehr streckte, sein
Gang zusehends steifer wurde. Ehe er noch sein
Bett erreichte, sank er am Arme meiner Mutter zu—
sammen, und nur das rasch herausgerissene Deck—
bett diente ihm teilweise zur Unterlage. Da lag
er nun mit geöffneten Augen, völlig bewußtlos —
ich aber stand sprachlos daneben, ohne Ahnung von
dem, was meine Mutter in diesen Augenblicken durch⸗
lebte. Dazu das ganze Dorf auf der Weinlese, dazu
die Gewißheit, daß auch der Arzt zu dem allge—
meinen Fest werde ausgezogen sein — und nebenher
das Versagen aller Hausmittel, mit denen man
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