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Bäuerin. Ach sag dein Namen unverzagt!
Da magst gleich sein auch, wer du wollst,
Bei uns mit Fried du bleiben sollst,
Du findest uns als bieder Leut.
Wahrheit. Ja das wär nicht das erstmal heut,
Daß man mir Herberg zugesagt,
Mich doch vor Nachts hat 'nausgejagt,
Sobald mein Nam' ich sag' heraus.
Darum so führ mich in dein Haus.
Morgen aber, eh es thut tagen
So will ich euch mein Namen sagen.
Sagt ich ihn jetzt, so wär's gewiß,
Daß mich eu'r Keins ins Haus einließ.
Bäuerin. Sei ohne Sorg, du lieber Gast,
Nenn dich, und Herberg bei mir hast.
Wahrheit. Weil ihr den Nam nit wöllt
So nenn' ich mich, jedoch nit gern.
So wißt, ich bin die Frau Wahrheit.
entbehrn,
Bauer. Ach, Gott sei Lob in Ewigkeit,
Daß mir ist solch ein Glück beschert,
Daß Frau Wahrheit zu mir einkehrt.
Sag her, von wannen du bist kummen?
Und wo hast du dein Ursprung g'nummen?
Wah
rheit. Der Herrgott, unser aller Vater,
Der Welt und all Euer Wohlthater,
Hat mit der Sendung mich geehrt,
Daß ich hernieder steig' zur Erd
Zu strafen das menschliche Geschlecht.
Bäuerin. So sag, wer hat dich denn geschmecht
Und dich nit willig angenummen?
Wahrheit. Am allerersten bin ich kummen
In die Einöd und in die Wälder,
In die Dörfer und in die Baufelder,
Zu Hirten, Bauern, so hacken und reuten,
Als zu frummen, einfältgen Leuten.
Sobald ich ihn'n sagt' ihr Unart,
Ich bald von ihn'n vertrieben ward,
Warfen nach mir mit Stein und Schollen.
Bauer. Schau zu der groben Ackerdrollen!*)
Wo kamst darnach hin von den Bauern?
*) Ackerdrollen: soviel wie Bauernlümmel. Das mittelhochdeutsche Wort Trolhlen
bedeutet einen groben ungeschlachten Kerl.