Metadaten: Erinnerungsblätter zum 60jährigen Bestehen des Schullehrer-Seminars Altdorf

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von meinem Gesellschaftsgarten am Webersplatze heimkehrte, führte 
mich mein Weg an der X-Wirtschaft vorbei. Darin ging es sehr 
lebhaft zu; es wurde gesungen; ich blieb stehen und mich däuchte, 
ich hörte bekannte Seminaristenstimmen!“ — Wir horchten verdutzt 
und Dürr von Schwabach sagte: „Herr Direktor, Sie könnten sich 
doch vielleicht getäuscht haben. Das könnten auch andere gewesen 
jein!“ — Direktor: „Ich glaube nicht, daß ich mich getäuscht habe!“ 
Hiemit war die Sache abgethan. Wir erkannten, daß wir's zu 
bunt getrieben und sangen den „Fürst von Thoren“ nicht mehr. Wie 
wäre es wohl gegangen, wenn unser Direktor, statt Pädagoge zu sein, 
eine Polizei-Natur gewesen wäre und uns im kritischen Augenblicke 
ziner Demütigung ausgesetzt hätte? Daß er es nicht gethan, wir ver— 
galten's ihm durch anhängliche Liebe und durch Respekt vor seinem Worte. 
Das Theater wurde von den Seminaristen wenig besucht. 
Der Besuch war nicht verboten; wir hatten aber kein überflüssiges 
Geld. Die meisten brachten es daher auf 2 oder 3 Opern (Frei— 
schütz, Preziosa, Nachtlager ꝛc.). Musikalische Kunstgenüsse wurden 
uns aber außerdem noch an den kirchlichen Festzeiten geboten durch 
große Oratorien von Händel, Haydn, Graun, Stadler ꝛc., welche 
der damalige städtische Musikdirektor Blumröder im großen Rat— 
haussaal aufführte, und wozu die brauchbarsten Seminaristen regel— 
mäßig eingeladen wurden. Dasselbe war der Fall, wenn ein berühm— 
ter Künstler ein Konzert veranstaltete. — 
Die Schullehrerseminare waren bis zum Jahre 1823 sämtlich 
paritätische Anstalten. Welchen Einfluß hatte nun die Konfessions— 
derschiedenheit auf unser Seminarleben? — Man wird es in 
unsern Tagen kaum glauben, wenn ich sage: gar keinen! (2) Die 
Unterscheidungslehren seiner Kirche hatte jeder von uns bei seiner 
Konfirmation kennen gelernt. Im Seminare waren wir beisammen, 
um zu künftigen Volksschullehrern gebildet zu werden, die nur ein 
und dasselbe Ziel vor Augen hatten. Hierunter auch das, durch den 
Religionsunterricht auf die Sittlichkeit im Volke zu wirken. 
Da lasen wir denn miteinander die Bibel. Wir Protestanten 
hatten Luthers Übersetzung in Händen, die Katholiken: Leander van 
Eß. Auf katholischer Seite waltete damals Wessenbergs, Sailers 
Geist. Wer hätte da an Proselytenmacherei denken sollen? 
Ich habe in jenen zwei Jahren nie gehört, daß Seminaristen 
über Glaubensunterschiede gestritten hätten. Aber vielleicht hielten
	        
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